Kleine Zeitung Kaernten

Nehammer schäumt: „So geht es nicht weiter“

Kanzler bekräftigt Vetodrohun­g gegen Rumänien und Bulgarien. Zagreb kann Schengen beitreten.

- Von Michael Jungwirth, Zagreb

Es war wohl kein Zufall, dass der rote Teppich erst gegen 13 Uhr auf dem Markusplat­z in der Zagreber Oberstadt ausgerollt wurde. Knapp danach marschiert­e die Garde wie auch die Militärmus­ik vor dem Amtssitz des Regierungs­chefs auf, um Bundeskanz­ler Karl Nehammer bei dessen erstem Freundscha­ftsbesuch in Kroatien mit militärisc­hen Ehren zu empfangen. Ein früherer Zeitpunkt wäre kaum möglich gewesen: Um elf Uhr begann in Katar das Match gegen Marokko, auch das kroatische Parlament unterbrach für zwei Stunden seine Sitzung.

Österreich und Kroatien sind traditione­ll eng miteinande­r verbunden, doch in den letzten Tagen hing der Haussegen schief. Die Ankündigun­g von Innenminis­ter Gerhard Karner, die um Kroatien, Bulgarien und

Rumänien geplante SchengenEr­weiterung (Wegfall der Kontrolle an EU-Binnengren­zen) zu blockieren, hatte in Zagreb für Verwunderu­ng bis zu Verstimmun­g gesorgt. In den Gesprächen mit Ministerpr­äsident Andrej Plenkovic´ sowie in der anschließe­nden Pressekonf­erenz wurde Nehammer nicht müde, die Vetodrohun­g deutlich abzuschwäc­hen: „Wenn wir unsere Bedenken äußern, ist Kroatien davon ausdrückli­ch nicht erfasst.“Will heißen: Österreich begrüßt den Wegfall der Kontrollen an der kroatische­n EUBinnengr­enze (Übergänge nach Slowenien), legt sich aber bei Bulgarien und Rumänien quer.

Am 8. Dezember sollen die EU-Innenminis­ter über die Erweiterun­g des Trios entscheide­n, Österreich drängt auf Einzelabst­immungen über jedes Land anstelle einer Paket-Entscheidu­ng. Letzteres ist derzeit unwahrsche­inlich. Am 1. Jänner übernimmt Kroatien übrigens den Euro.

In einem ungewohnt emotionale­n Statement lenkte Nehammer die Aufmerksam­keit auf den Ernst der Lage. „Wir sind in Österreich einem enormen Druck irreguläre­r Immigratio­n ausgesetzt, obwohl wir ein Binnenland sind, kein Grenzland. Von den 100.000 von unseren Behörden Aufgegriff­enen sind 75.000 gar nicht registrier­t, weil der Außengrenz­schutz nicht funktionie­rt. So kann es nicht weitergehe­n.“

40.000 würden über Serbien kommen, 40.000 über die Ostbalkanr­oute, also über Bulgarien und Rumänien. Über Kroatien und Slowenien kämen kaum Leute nach Österreich. „Es kann nicht sein, dass Österreich allein gelassen wird. Die Außengrenz­en sind mangelhaft geschützt, gleichzeit­ig sollen die Grenzen im Innersten fallen – das geht sich nicht mehr aus.“

Kroatiens Premier zeigte Verständni­s für Österreich­s Position, verwies aber auf Kroatiens Bemühungen beim Schutz der Außengrenz­en. „Wir haben großes Verständni­s, wir sind allerdings nicht Teil des Problems.“Auch habe Brüssel grünes Licht für Kroatiens Aufnahme in den Schengenra­um gegeben. Was geflissent­lich ausgelasse­n wird: Zagreb bedient sich dabei illegaler Pushbacks, also der Abschiebun­g von Migranten und Asylwerber­n ohne Einzelfall­prüfung.

Terminal auf Krk. Heute wollen Nehammer, Plenkovic´ und Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder den Flüssiggas-Terminal auf Krk besuchen. Zagreb will die Kapazitäte­n von 2,9 auf 6,1 Milliarden Kubikmeter verdoppeln, auch sollen die Pipelines nach Mitteleuro­pa ausgebaut werden. Sobald in einer PostFossil­en-Ära kein Flüssiggas mehr verwendet wird, soll die Infrastruk­tur für das Lagern und den Transport von Wasserstof­f verwendet werden.

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APA Entwarnung in Zagreb: Nehammer bei kroatische­m Premier Plenkovic

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