Nehammer schäumt: „So geht es nicht weiter“
Kanzler bekräftigt Vetodrohung gegen Rumänien und Bulgarien. Zagreb kann Schengen beitreten.
Es war wohl kein Zufall, dass der rote Teppich erst gegen 13 Uhr auf dem Markusplatz in der Zagreber Oberstadt ausgerollt wurde. Knapp danach marschierte die Garde wie auch die Militärmusik vor dem Amtssitz des Regierungschefs auf, um Bundeskanzler Karl Nehammer bei dessen erstem Freundschaftsbesuch in Kroatien mit militärischen Ehren zu empfangen. Ein früherer Zeitpunkt wäre kaum möglich gewesen: Um elf Uhr begann in Katar das Match gegen Marokko, auch das kroatische Parlament unterbrach für zwei Stunden seine Sitzung.
Österreich und Kroatien sind traditionell eng miteinander verbunden, doch in den letzten Tagen hing der Haussegen schief. Die Ankündigung von Innenminister Gerhard Karner, die um Kroatien, Bulgarien und
Rumänien geplante SchengenErweiterung (Wegfall der Kontrolle an EU-Binnengrenzen) zu blockieren, hatte in Zagreb für Verwunderung bis zu Verstimmung gesorgt. In den Gesprächen mit Ministerpräsident Andrej Plenkovic´ sowie in der anschließenden Pressekonferenz wurde Nehammer nicht müde, die Vetodrohung deutlich abzuschwächen: „Wenn wir unsere Bedenken äußern, ist Kroatien davon ausdrücklich nicht erfasst.“Will heißen: Österreich begrüßt den Wegfall der Kontrollen an der kroatischen EUBinnengrenze (Übergänge nach Slowenien), legt sich aber bei Bulgarien und Rumänien quer.
Am 8. Dezember sollen die EU-Innenminister über die Erweiterung des Trios entscheiden, Österreich drängt auf Einzelabstimmungen über jedes Land anstelle einer Paket-Entscheidung. Letzteres ist derzeit unwahrscheinlich. Am 1. Jänner übernimmt Kroatien übrigens den Euro.
In einem ungewohnt emotionalen Statement lenkte Nehammer die Aufmerksamkeit auf den Ernst der Lage. „Wir sind in Österreich einem enormen Druck irregulärer Immigration ausgesetzt, obwohl wir ein Binnenland sind, kein Grenzland. Von den 100.000 von unseren Behörden Aufgegriffenen sind 75.000 gar nicht registriert, weil der Außengrenzschutz nicht funktioniert. So kann es nicht weitergehen.“
40.000 würden über Serbien kommen, 40.000 über die Ostbalkanroute, also über Bulgarien und Rumänien. Über Kroatien und Slowenien kämen kaum Leute nach Österreich. „Es kann nicht sein, dass Österreich allein gelassen wird. Die Außengrenzen sind mangelhaft geschützt, gleichzeitig sollen die Grenzen im Innersten fallen – das geht sich nicht mehr aus.“
Kroatiens Premier zeigte Verständnis für Österreichs Position, verwies aber auf Kroatiens Bemühungen beim Schutz der Außengrenzen. „Wir haben großes Verständnis, wir sind allerdings nicht Teil des Problems.“Auch habe Brüssel grünes Licht für Kroatiens Aufnahme in den Schengenraum gegeben. Was geflissentlich ausgelassen wird: Zagreb bedient sich dabei illegaler Pushbacks, also der Abschiebung von Migranten und Asylwerbern ohne Einzelfallprüfung.
Terminal auf Krk. Heute wollen Nehammer, Plenkovic´ und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder den Flüssiggas-Terminal auf Krk besuchen. Zagreb will die Kapazitäten von 2,9 auf 6,1 Milliarden Kubikmeter verdoppeln, auch sollen die Pipelines nach Mitteleuropa ausgebaut werden. Sobald in einer PostFossilen-Ära kein Flüssiggas mehr verwendet wird, soll die Infrastruktur für das Lagern und den Transport von Wasserstoff verwendet werden.