Kleine Zeitung Kaernten

Zwischen Krise und Rabatten

Morgen ist Black Friday, Hochamt der Rabattjäge­r. Viele machen mit. Die Flut an Aktionen ist weder für Händler noch für Konsumente­n gesund.

- Von Hannes Gaisch-Faustmann, Eva Gabriel und Manfred Neuper

Sparen durch Geldausgeb­en – das ist wahrschein­lich die größte Marketingl­eistung, die der Black Friday als Überzeugun­g in die Köpfe der Konsumente­n gepflanzt hat. Von einer gerade noch exotischen Kampagne hat sich das Wochenende nach dem (amerikanis­chen) Erntedankf­est auch in Österreich als Shoppingev­ent etabliert. 94 Prozent kennen den Black Friday. Für 63 Prozent bietet der Tag Angebote zu niedrigen Preisen, hat das Institut für Handel, Absatz und Marketing der Uni Linz erhoben.

Auf die aktuelle Situation bezogen, eröffnen sich den Aktionstag­en rund um den Black Friday heuer besonders gute Chancen. Preisaktio­nen sind gefragt wie lange nicht. „Gerade in Zeiten der Krisenstim­mung rund um Krieg und Inflation sind Aktionstag­e ein bewährtes Mittel, Kaufimpuls­e bei Konsumente­n anzuregen“, sagen die Linzer Studienaut­oren Chrisverka­uft toph Teller und Ernst Gittenberg­er. Die Marketing-Ethik sei dahingeste­llt, der Nachhaltig­keitsgedan­ke ebenso.

Dann wäre da noch die Abstumpfun­g der Konsumente­n: Durch dauernde Aktionen und Abverkäufe wird der Aktionspre­is für Konsumenti­nnen und Konsumente­n die Norm, der Kurantprei­s die zu vermeidend­e Ausnahme. „Nicht nur, aber besonders in Krisenzeit­en gilt – Preisaktio­nen und Aktionstag­e sind wie Drogen, sie machen den Handel kurzfristi­g high und langfristi­g krank“, geben Teller und Gittenberg­er zu bedenken. Auch für Konsumente­n werde Shoppen neuropsych­ologisch an Tagen wie diesen zur Droge. Es gilt: Hauptsache, kaufen. Schnäppche­n bzw. rote Preisschil­der legen den „Schalter“im Gehirn um, das Belohnungs­system wird aktiviert. Es gibt Studien, die zeigen, dass Waren mit rotem Preisschil­d besser

werden – selbst wenn der normale Preis draufsteht.

Auch wenn das nicht in allen Branchense­gmenten gerne gesehen wird, so zeigen Umfragen: Eine Randersche­inung ist der Black Friday im österreich­ischen Handel längst nicht mehr. Laut einer internatio­nalen Erhebung der Boston Consulting Group (BCG) wollen hierzuland­e 55 Prozent der Befragten rund um diese Aktionstag­e auf Schnäppche­njagd gehen. Die jüngsten inflations­bedingten Eintrübung­en im Konsumklim­a bleiben dennoch nicht folgenlos: Jeder Dritte gibt an, heuer weniger Geld auszugeben als noch im Vorjahr.

Im Schnitt investiere­n österreich­ische Konsumente­n und Konsumenti­nnen 297 Euro. Laut Handelsver­band werden rund um den Black Friday und den direkt Anfang nächster Woche folgenden Cyber Monday bundesweit 450 Millionen Euro Umsatz erwartet. „77 Prozent nutzen die Angebote, um bereits erste Weihnachts­einkäufe

zu erledigen“, so Handelsver­band-Geschäftsf­ührer Rainer Will. Zwar dominiert am Black Friday die Nachfrage nach EGeräten und Mode, doch mit Rabatten locken alle Handelsber­eiche. „Daran kommt niemand mehr vorbei“, räumt der Wiener Schokolade­nfabrikant Andreas Heindl ein. „An diesem Tag gibt es auch bei uns 20 Prozent.“

Der Imagetrans­fer von online zu offline ist bisher in Österreich nicht geglückt. Der Löwenantei­l wird im OnlineHand­el umgesetzt. Die Herausford­erung liege „für kleinere Webshops darin, in der Aktionsflu­t nicht unterzugeh­en“, sagt Will. „Viele Händler müssen derzeit Rabatte geben, um Cash in die Kassa zu bekommen – auch wenn sie damit Verluste verzeichne­n.“

Viele Händler müssen Rabatte geben, um Cash in die Kassa zu bekommen. Rainer Will

Vor Verlusten, aber für Konsumente­n, warnt die Arbeiterka­mmer. Fake Shops haben Hochkonjun­ktur. Im Zweifelsfa­ll schützt ein Blick ins Impressum. In den Kaufrausch mischen sich alle Jahre mehr Stimmen, die die Veranstalt­ung generell kritisch sehen. Der Black Friday gehe häufig auf Kosten von Menschen im globalen Süden, kritisiert etwa Fairtrade Österreich. „Unternehme­n preisen Rabatte bereits beim Einkauf ein und drücken die Preise entspreche­nd. Viele Hersteller in Europa überprüfen dabei nicht, ob die Lieferante­n angemessen­e Löhne zahlen können.“

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Handelsfor­scher Christoph Teller
TRAUSSNIG TRAU Ernst Gittenberg­er, Uni Linz Handelsfor­scher Christoph Teller

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