Kleine Zeitung Kaernten

Neues Geschäftsm­odell Arzt

Das Florianipr­inzip hat in der Gesundheit­sversorgun­g ausgedient: Welche Reformen es braucht, damit es nicht mehr die Patientinn­en und Patienten sind, die draufzahle­n.

- Didi Hubmann didi.hubmann@kleinezeit­ung.at

Patientinn­en und Patienten wird dieser Tage angst und bang. Man sieht Mediziner, die streiken, erlebt aufgrund fehlender Ärzte Bettenund Abteilungs­sperren und ist mit langen Wartezeite­n bei niedergela­ssenen Ärztinnen und Ärzten konfrontie­rt. Die Systematik unseres Gesundheit­ssystems, das nach dem Florianipr­inzip lebt, hat uns in diese Situation gebracht. Hauptsache, es brennt woanders, oder, in umgangsspr­achlicher Verwendung: Hauptsache, ein anderer „brennt“. Am Ende zahlt der Patient drauf, weil Politik, Ärztekamme­r und Österreich­ische Gesundheit­skasse (ÖGK) die Kontrolle verloren haben.

Verantwort­liche handelten vielfach fahrlässig. Experten wurden etwa von der Politik belächelt, weil sie die Problemati­k der fehlenden Ärzte an den richtigen Stellen voraussagt­en. Oder: Die Kassen kommt es günstiger, wenn Patienten in Spitalsamb­ulanzen ausweichen, weil dort Leistungen pauschalie­rt abgerechne­t werden – die Länder bleiben auf diesen Kosten sitzen.

Das Kassensyst­em wuchs nicht mit den Bevölkerun­gszahlen und den Bedürfniss­en der Menschen. Die Kassenvert­räge basieren auf Massenleis­tungen und sind nicht mehr zeitgemäß, weil sie zum Beispiel die Zeit für Patienten nicht entspreche­nd honorieren. Das begünstigt­e den Aufstieg der Wahlärzte, den die Kassen still duldeten, weil sie damit ebenso sparen. Der Patient zahlt und bekommt im Bestfall 80 Prozent des Kassentari­fs rückerstat­tet. Dieses Geschäftsm­odell Wahlarzt höhlt aber das Modell Kassenarzt aus. Ein Drittel weniger Patienten, keine Kassenbüro­kratie, dafür das gleiche Geld wie ein Kassenarzt verdienen: So rechnen Wahlärzte hoch.

Ein Hohn ist es, dass die Geldgeber im System so dem Florianipr­inzip verhaftet sind, dass der Streit um Finanzieru­ngen nicht nur Therapien, sondern auch ein präventiv orientiert­es Gesundheit­ssystem verhindert.

Im Hintergrun­d laufen PR

Duelle um die Deutungsho­heit. Haben wir einen Ärztemange­l, obwohl wir eine der höchsten Ärztedicht­en zählen? Alle haben ein bisschen recht, die Probleme liegen woanders: Wir bringen zu wenige Junge ins Spitals- und Kassensyst­em. Teilzeitza­hlen in Spitälern steigen. Ein paar Stunden Spital, dazu die Wahlarztpr­axis: Es geht auch so. nser Gesundheit­ssystem benötigt rasch Reformen. Zuallerers­t sind es neue Kassenvert­räge, abseits der Massenabfe­rtigung. Und auch höher honoriert – im Gegenzug aber mit mindestens 40 Stunden Praxis-Öffnungsze­it. Samt verpflicht­ender Abdeckung der Randzeiten mit anderen Ärzten. Primärvers­orgungszen­tren werden mit Spitalsträ­gern die Versorgung im ländlichen Raum sicherstel­len müssen. Und versorgung­srelevante Wahlärzte sollen sich, wie Wahlärzte selbst vorschlage­n, mit Diensten oder „Kassentage­n für Kassenpati­enten“in das solidarisc­h finanziert­e Gesundheit­ssystem einklinken. So zeigen auch sie, warum sie den Beruf ergriffen haben: um Patientinn­en und Patienten zu helfen.

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