Neues Geschäftsmodell Arzt
Das Florianiprinzip hat in der Gesundheitsversorgung ausgedient: Welche Reformen es braucht, damit es nicht mehr die Patientinnen und Patienten sind, die draufzahlen.
Patientinnen und Patienten wird dieser Tage angst und bang. Man sieht Mediziner, die streiken, erlebt aufgrund fehlender Ärzte Bettenund Abteilungssperren und ist mit langen Wartezeiten bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten konfrontiert. Die Systematik unseres Gesundheitssystems, das nach dem Florianiprinzip lebt, hat uns in diese Situation gebracht. Hauptsache, es brennt woanders, oder, in umgangssprachlicher Verwendung: Hauptsache, ein anderer „brennt“. Am Ende zahlt der Patient drauf, weil Politik, Ärztekammer und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) die Kontrolle verloren haben.
Verantwortliche handelten vielfach fahrlässig. Experten wurden etwa von der Politik belächelt, weil sie die Problematik der fehlenden Ärzte an den richtigen Stellen voraussagten. Oder: Die Kassen kommt es günstiger, wenn Patienten in Spitalsambulanzen ausweichen, weil dort Leistungen pauschaliert abgerechnet werden – die Länder bleiben auf diesen Kosten sitzen.
Das Kassensystem wuchs nicht mit den Bevölkerungszahlen und den Bedürfnissen der Menschen. Die Kassenverträge basieren auf Massenleistungen und sind nicht mehr zeitgemäß, weil sie zum Beispiel die Zeit für Patienten nicht entsprechend honorieren. Das begünstigte den Aufstieg der Wahlärzte, den die Kassen still duldeten, weil sie damit ebenso sparen. Der Patient zahlt und bekommt im Bestfall 80 Prozent des Kassentarifs rückerstattet. Dieses Geschäftsmodell Wahlarzt höhlt aber das Modell Kassenarzt aus. Ein Drittel weniger Patienten, keine Kassenbürokratie, dafür das gleiche Geld wie ein Kassenarzt verdienen: So rechnen Wahlärzte hoch.
Ein Hohn ist es, dass die Geldgeber im System so dem Florianiprinzip verhaftet sind, dass der Streit um Finanzierungen nicht nur Therapien, sondern auch ein präventiv orientiertes Gesundheitssystem verhindert.
Im Hintergrund laufen PR
Duelle um die Deutungshoheit. Haben wir einen Ärztemangel, obwohl wir eine der höchsten Ärztedichten zählen? Alle haben ein bisschen recht, die Probleme liegen woanders: Wir bringen zu wenige Junge ins Spitals- und Kassensystem. Teilzeitzahlen in Spitälern steigen. Ein paar Stunden Spital, dazu die Wahlarztpraxis: Es geht auch so. nser Gesundheitssystem benötigt rasch Reformen. Zuallererst sind es neue Kassenverträge, abseits der Massenabfertigung. Und auch höher honoriert – im Gegenzug aber mit mindestens 40 Stunden Praxis-Öffnungszeit. Samt verpflichtender Abdeckung der Randzeiten mit anderen Ärzten. Primärversorgungszentren werden mit Spitalsträgern die Versorgung im ländlichen Raum sicherstellen müssen. Und versorgungsrelevante Wahlärzte sollen sich, wie Wahlärzte selbst vorschlagen, mit Diensten oder „Kassentagen für Kassenpatienten“in das solidarisch finanzierte Gesundheitssystem einklinken. So zeigen auch sie, warum sie den Beruf ergriffen haben: um Patientinnen und Patienten zu helfen.
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