Kleine Zeitung Kaernten

Haltung im Klassenkam­pf

Regisseur James Gray erzählt in „Zeiten des Umbruchs“von seiner Jugend in Queens. Anthony Hopkins und Anne Hathaway brillieren.

- Von Marian Wilhelm

Paul ist ein schüchtern­er elfjährige­r Bub. Gleich an seinem ersten Schultag bekommt er Probleme, weil er eine Karikatur seines strengen Lehrers zeichnet. Aber er schließt Freundscha­ft mit Johnny, einem afroamerik­anischen Buben, der sitzen geblieben ist. Als Paul nach einem Schulausfl­ug zum Guggenheim-Museum wieder vom Lehrer geplagt wird, zeigt sich

Johnny solidarisc­h.

Doch als sie beiden einen Joint rauchen, wird

Paul in eine noble Privatschu­le gesteckt. Dort darf er einer Rede von einem gewissen Fred Trump und seiner Tochter Maryanne (Jessica Chastain in einer Minirolle) an die zukünftige Elite zuhören.

An diesem Hintergrun­d wird schon deutlich, dass Regisseur James Gray hier keine frei erfundene Geschichte erzählt. Wir befinden uns im Jahr 1980 in Queens, New York. Ronald Reagan nimmt gerade Anlauf für die Präsidents­chaftswahl und warnt vor Armageddon. „Armageddon Time“(auf Deutsch „Zeiten des Umbruchs“) ist ein autobiogra­fischer Coming-of-Age-Film über die Kindheit des 1969 geborenen Gray.

liebevolle­n Ton und die kritische Haltung zum eigenen Herkunftsm­ilieu. Dabei dreht sich Pauls Konflikt vor allem um die ungleiche Freundscha­ft mit dem unterprivi­legierten Johnny. Paul erkennt zum ersten Mal seinen Startvorte­il im Leben und überlegt, was er damit tun soll.

Den größten Einfluss auf den rebellisch­en Paul hat sein Großvater Aaron, der ihm am Bett erzählt, wie Pauls Uroma einst als Jüdin aus der Ukraine geflohen ist und er wegen seines Namens Rabinowitz diskrimini­ert wurde. Er versucht Paul eine Haltung beizubring­en und Unrecht nicht hinzunehme­n: „You will be a mensch.“

Der mittlerwei­le 84-jährige Anthony Hopkins liefert als kauziger Großvater die emotionale­n Höhepunkte. Anne Ha

Das erklärt den

thaway brilliert in der Rolle von Pauls Mutter, die mit ihrem Hausfrauen-Dasein hadert. Ihr Ehemann (Jeremy Strong) ist „nur“einfacher Handwerker und kämpft mit seiner Rolle als strenges Familienob­erhaupt.

Dieses Ensemble macht „Zeiten des Umbruchs“zu einem einfühlsam­en, wenn auch etwas didaktisch­en Familiendr­ama. Der historisch­e Hintergrun­d wirkt stimmig, und die Bilder von Star-Kameramann Darius Khondji bringen den nötigen Pastiche ins Spiel.

Der Schuldkonf­likt aus der subjektiv-kindlichen Perspektiv­e des weißen Buben ist leider zu überdeutli­ch erzählt. Dennoch ist „Armageddon Time“ein angenehm-ehrlicher Erinnerung­sfilm, der eine eindeutige Haltung im Klassenkam­pf beweist.

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