Nur stillen kann der Vater nicht
Sind unterschiedliche Einstellungen zum Kinderwunsch ein Trennungsgrund? Sollten Väter in Karenz gehen und Frauen trotz Kind ihre Karriere forcieren? Ein Gespräch über das Eltern-Werden und Eltern-Sein.
MProtokolliert von Gottfried Hofmann-Wellenhof
UTTER: Liebe Anna, unser Thema ist das MamaSein. Vor drei Wochen hast du dein erstes Kind geboren. Was war für dich das Motiv, ein Kind haben zu wollen?
TOCHTER: Meine Beweggründe sind ein bisschen egoistisch. Es ist einfach eine wunderschöne Vorstellung, dass Nils und ich einen kleinen Menschen gezeugt haben, der Anteile von uns beiden, von unseren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern hat. Und meinen Partner nicht nur als liebenden Mann zu erleben, sondern auch als zärtlichen Vater. Und die Gelegenheit zu bekommen, die Welt noch einmal mit Kinderaugen zu betrachten.
Du kennst Nils jetzt schon bald zehn Jahre. Wie hättest du reagiert, wenn er deinen Kinderwunsch nicht geteilt hätte?
MUTTER:
TOCHTER: Es wäre schwer gewesen, aber ich hätte mich ganz sicher von ihm getrennt. Ein Leben ohne gemeinsame Kinder hätte ich mir nicht vorstellen können.
MUTTER: Dein Mann war bei der Geburt dabei, er hat dich auch bei den meisten Vorsor
begleitet. TOCHTER: Heute ist es ja wirklich die Ausnahme, dass der Vater seine Frau nicht im Kreißsaal unterstützt. Nils war ja auch im Familienzimmer bei uns, bis wir von der Klinik nach Hause gegangen sind, und im Moment hat er ein Papa-Monat genommen.
MUTTER: Ihr betreut euer Kind also von allem Anfang an gemeinsam.
TOCHTER: Genau. Nils hat von einem Freund einen BabyBody geschenkt bekommen, auf dem steht „Papa, du schaffst das!“und bei den Löchern oben „Arm“und unten „Bein“. So etwas ist witzig gemeint, aber überhaupt nicht zeitgemäß.
MUTTER: Wie wird es nach dieser ersten gemeinsamen Zeit in deiner Familie weitergehen?
TOCHTER: Wir werden uns die Karenz teilen. Die Einbuße für unser Familienbudget ist uns das allemal wert.
MUTTER: Hältst du das für ein allgemein wünschenswertes Modell?
TOCHTER: Ich meine, es sollte in keine Richtung einen gesellschaftlichen Druck geben. Es muss einerseits respektiert werden, wenn eine Frau so lange wie möglich bei ihrem Kind bleiben will, ohne dass sie als faule „NurHausfrau“beschimpft wird, andererseits darf eine Mutter, die zielgerichtet an ihrer beruflichen Karriere gearbeitet hat und nach acht Wochen wieder in den Job zurückwill, nicht als „Rabenmutter“verunglimpft werden.
MUTTER: Wie hast du die Rollenverteilung in unserer Fageuntersuchungen
Was ist uns im Leben wichtig? Diese Frage stellen sich Gottfried Hofmann-Wellenhof, seine Frau Astrid und ihre Kinder nun einmal im Monat ganz bewusst. Die daraus entstehenden Dialoge zeigen, wo sich Generationen gleichen und unterscheiden.
milie in Erinnerung? Ich war ja durch die vielen Schwangerschaften lange Jahre daheim bei euch Kindern.
TOCHTER: Für uns war es ganz normal, dass der Papa uns betreut hat, während du am Nachmittag deine Nachhilfestunden gegeben hast. Er hat das jeweils jüngste Kind gewickelt und uns Größeren vorgelesen. Wir haben auch im Garten gekickt. Der Papa war jeden Tag stundenlang auf sich allein gestellt und hat alles gemanagt. Nur das jeweilige Stillkind war immer bei den Lateinstunden dabei. Ich erinnere mich, dass der Papa mir in der ersten Klasse mit Engelsgeduld das Lesen beigebracht hat, bei dem ich mir anfangs echt schwergetan habe.
MUTTER: Einige deiner Freundinnen haben ja schon Kinder. Wie läuft es bei denen?
TOCHTER: In den meisten Fällen kann ich meine alten Schul- und Studienkolleginnen problemlos für einige Stunden treffen, ohne dass der verzweifelte Kindsvater ständig anruft und fragt, wo die Windeln zu finden sind. Die Kleine meiner Cousine zum Beispiel ist total happy mit ihrem Papa, der seiner Frau ermöglicht, weiterhin ihren Hobbys nachzugehen, und gleichzeitig eine sehr enge und liebevolle Beziehung zu seiner Tochter aufbaut.
MUTTER: Streng genommen ist das Stillen ja wirklich die einzige Sache, die der Vater nicht leisten kann – und auch sonst niemand außer der Mutter.
TOCHTER: Die Zeiten der Nährammen sind ja glücklicherweise vorbei.
MUTTER: Nun ist euer Oskar schon drei Wochen alt. Ist dein Leben als Mutter so, wie du es dir vorgestellt hast?
TOCHTER: Unser Alltag hat sich schnell eingespielt, aber die emotionale Seite ist einfach unerwartet überwältigend. Man kann sich vorher wirklich nicht ausmalen, wie sich Mutterliebe anfühlt. Ich brauche derzeit nur ein paar Minuten tägliche Zeit für mich, um zu duschen, den restlichen Tag würde ich Oskar am liebsten ununterbrochen in meinen Armen halten.
MUTTER: Und Nils, dem nach übereinstimmender Meinung der Großfamilie euer Kleiner unglaublich ähnlich sieht, ist ein sehr glücklicher Vater.
TOCHTER: Das kannst du dir gar nicht vorstellen. Erst heute hat er zu Oskar gesagt, als er ihn gewickelt hat: „Wie machst du das: Du tust nichts außer essen, schlafen und in die Windel machen – und trotzdem liebe ich dich so sehr?“