Kleine Zeitung Kaernten

Eine Versöhnung am „runden Tisch“

Wie Andreas Goldberger doch nicht serbischer Staatsbürg­er wurde.

- Christoph Zöpfl

Ende November 1997 eskalierte alles – denn es war unklar, für welche Nation Andreas Goldberger beim Saisonauft­akt in Lillehamme­r „fliegen“würde. Nach der Kokain-Affäre war der „Liebling der Nation“im Frühjahr 1997 vom ÖSV nicht nur zu einer Geldstrafe verdonnert, sondern auch gesperrt worden. Das ohnehin schon belastete Verhältnis von Goldberger­s Manager Edi Federer zum ÖSV kollabiert­e, der Machtkampf bekam politische Dimensione­n. Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz, der Goldberger früh sponserte, entschied sich nach einer Aussprache mit dem Innviertle­r, den Skispringe­r nicht fallen zu lassen. Auch, dass Federer einen Staatsbürg­erschaftsw­echsel plante, damit der ÖSV keinen Zugriff mehr auf den „Springer-Popstar“habe, war kein Problem.

Doch bei der Suche nach einem anderen Verband bekamen Federer/ Goldberger den langen Arm von ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del zu spüren. Grenada wurde die zugesagte Aufnahme in die FIS plötzlich verweigert. Bosnien machte einen Rückzieher, weil Ski-Sportler aus Tirol abreisen mussten, ein Projekt nahe Sarajewo von Schröcksna­del infrage gestellt wurde. Schließlic­h landete Goldberger in Belgrad und bekam dort praktisch als Geschenk zum 25. Geburtstag einen serbischen Pass. Dass er damit gleichzeit­ig die österreich­ische Staatsbürg­erschaft verloren hatte, dürfte ihm nicht bewusst gewesen sein – und nicht nur das: Denn so schnell man ihm die Kokain-Affäre verziehen hatte, der Wechsel zu einer Nation des ehemaligen Jugoslawie­n galt daheim offenbar als „Hochverrat“. ORF-Mann Elmar Oberhauser baute eine „goldene Brücke“: Prominente Mediatoren wie der Wiener Alt-Bürgermeis­ter Helmut Zilk, Niki Lauda oder Christoph Leitl holten Goldberger in der 100. „Zur Sache“Sendung am 17. Dezember 1997 zurück ins Land. Am Ende der TV-Groteske, die dem ORF mit mehr als einer Million Sehern eine Rekordquot­e lieferte, gab es einen inszeniert­en Händedruck als Versöhnung zwischen Schröcksna­del und Goldberger. Der zurückgeke­hrte „verlorene Sohn“konnte allerdings nie wieder an seine großen Erfolge vor der KoksAffäre anschließe­n. Seine Karriere beendete er trotzdem erst 2005.

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