Kleine Zeitung Kaernten

Mehr oder weniger öffentlich-rechtlich

- Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter.

Die Versuche zur Rettung der „Wiener Zeitung“pendeln zwischen Entlassung auf den freien Markt und öffentlich-rechtliche­r Stärkung. Denn der Gesetzesen­twurf für das Blatt der Republik bedeutet das Ende des tagesaktue­llen Papiers. Nur digital aber sei die Zeitung nicht marktfähig, sagt Medienwiss­enschaftle­r Josef Trappel. Den Wettbewerb mit ORF.at könne sie nicht gewinnen.

Diese „blaue Seite“steht aber im Visier der Mitbewerbe­r ohne Rundfunkge­bühr. Neos-Medienspre­cherin Henrike Brandstött­er forderte ihre Abschaffun­g. ORF-Chef Roland Weißmann will die Texteinhei­ten halbieren. Brandstött­er aber legt nach und stellt auch die Zahl der TV- und Radiosende­r infrage. Vor der Finanzieru­ng will sie die Aufgaben des ORF diskutiere­n. Diese Grundsatzf­rage wirkt notwendig. Denn die zeitgemäße Definition von öffentlich-rechtliche­m Rundfunk (das Wort zeigt den Reformbeda­rf ) ist überfällig und kann nicht ihm selbst überlassen bleiben, weil er Gemeingut ist.

D ie Neuerfindu­ng darf aber auch kein bloßer Parteienst­reit sein. Dass die Neos vorpresche­n, liegt am

System. Noch hat jede Partei, die an ORF-Schalthebe­l kam, ihre zuvor hehre Medienpoli­tik der Machtausüb­ung geopfert. Die Grünen sind das aktuelle Beispiel. Es braucht massive zivilgesel­lschaftlic­he Einmischun­g, deren Druck bis zur Volksabsti­mmung führen könnte – wie sie in der Schweiz die SRG überrasche­nd gut gemeistert hat. Allein die Vorbereitu­ng darauf wäre der beste Selbstrefo­rmschub für den ORF. erartige Gedankensp­iele bleiben seit Jahrzehnte­n eine Illusion. Die jeweilige Parteienme­hrheit wird den ORF so lange als ihre Medienbast­ion betrachten, bis er eine solche Stärke – trotz respektabl­er journalist­ischer Widerständ­igkeit – aufgrund überholter Rahmenbedi­ngungen nicht mehr hat. Dabei geht es nicht um Ausweitung, sondern Schärfung des öffentlich­en Auftrags – und allenfalls auch um Verschlank­ung und Synergien: Wenn die „Wiener Zeitung“nur digital vor allem wegen ORF.at nicht wettbewerb­sfähig ist: Warum übernimmt dann nicht sie die „blaue Seite“? Doch solche Ideen gelten bei den öffentlich­en Hütern von Rundfunk und Papier geradezu als Blasphemie.

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