Krampus trinkt „Hafermilch“: Tiroler Bauern schäumen
Dass ein Krampus in einem Spot der Tirol Werbung einen Latte macchiato mit „Hafermilch“bestellt, stößt Tiroler Bauernvertreter sauer auf. Hintergründe eines g’schmackigen Streits.
Winter in den Tiroler Bergen. Jäh verdunkelt sich das Bild. Eine dunkle Gestalt läuft auf eine Berghütte zu. Es ist ein Krampus oder eine Percht – je nach Sichtweise. Hüttengäste erstarren. Die düstere Gestalt kramt etwas aus dem Fell hervor. Es ist ein Kinderhandschuh, den es an die junge Besitzerin übergibt. Die Wirtin fragt den zotteligen Gast, ob er etwas bestellen will. Dessen Antwort, in hoher Stimmlage und Tiroler Dialekt: „I hätt’ gern an Latte macchiato. Mit Hafermilch bitte.“
Dieser (bereits im Juli 2021 veröffentlichte) Werbespot der Tirol Werbung soll auch als Teil der Winterkampagne 2022 Gastfreundschaft und Toleranz vermitteln. „Die Tiroler Gastfreundschaft kennt keinen Dresscode und jeder ist willkommen, wie er ist“, heißt es im Werbetext. Dafür bekam der Spot „Percht Latte“bereits einen Silbernen Delfin in Cannes. Die Jury wählte ihn von 800 Einsendungen aus 40 Ländern aus.
Doch nicht bei allen kommt der Werbefilm gut an. Dem Tiroler Landwirtschaftskammerpräsidenten Josef Hechenberger stößt die Hafermilch regelrecht sauer auf: „Wir sind zu allen herzlich, außer zu unseren eigenen Bäuerinnen und Bauern – das würde es wohl eher treffen.“Das Video sei ein Affront gegenüber den Tiroler Bauern, die mit ihrer Bewirtschaftung dafür sorgten, dass die Kulturlandschaft für Einheimische sowie Touristen so ansprechend sei. Hechenberger ist entrüstet: „Es kann nicht sein, dass in einem Werbevideo für Tirol, das traditionelle Gastfreundschaft hochhält, ‚Hafermilch‘ und nicht die ureigene, echte Tiroler Milch vorkommt.“
Seitens der Tirol Werbung reagiert man nun darauf. Der Spot soll schnellstmöglich überarbeitet werden.
„Das Wort ,Hafermilch‘ wird nicht mehr ausge- sprochen, um Irritatio- nen bei den Tiroler Bäuerinnen und Bauern zu vermeiden“, erklärt Florian Neuner, Leiter der Unternehmenskommunikation.
Die rasche Reaktion der Tirol Werbung hat aber wohl vor allem einen rechtlichen Hintergrund. Denn seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2017 dürfen rein pflanzliche Milchersatzprodukte nicht mehr als „Milch“, „Butter“oder „Käse“bezeichnet werden. Diese Begriffe seien
Produkten tierischen Ursprungs vorbehalten. Seither ist in solchen Fällen meist von „Haferdrinks“die Rede.
bei diesem Thema hat noch einen Hintergrund: Von 2020 auf 2021 ist der Pro-Kopf-Verbrauch an Konsummilch in Österreich von 75 auf 70 Liter gesunken. Gleichzeitig steigt laut AMA-Konsumentenstudie das Interesse der Österreicherinnen und Österreicher an veganen Produkten – von 18 Prozent im Jahr 2017 auf 24 Prozent im Jahr 2020. In den Supermärkten räumen Milch- und Fleischersatzprodukte immer mehr Platz in den Kühlregalen ein.
Und hier kommt wieder die Tiroler Kritik ins Spiel. Denn laut Hechenberger sei Hafer kein Produkt der Tiroler Landwirtschaft, Haferdrinks würden „importiert“. Doch im Vorjahr ist ausgerechnet der Mutterkonzern von „Tirol Milch“, die Berglandmilch, selbst in die Produktion von Haferdrinks eingestiegen – mit Hafer, der von Waldviertler Milchbauern angebaut werde. Laut Berglandmilch-Boss Josef Braunshofer stieg man ein, um nicht internationalen Konzernen das Geschäft zu überlassen.