Brisante Sitzung auf dem Küniglberg
Heute treffen sich die ORF-Stiftungsräte, um den Finanzplan für das nächste Jahr zu beschließen. Vor allem aber wird die drohende Finanzierungskrise Thema sein.
Durch die aktuelle Situation wird die kommende Stiftungsratssitzung eine der entscheidenden werden“, gab Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-„Freundeskreises“im Stiftungsrat, via Austria Presse Agentur schon vorab einen Ausblick auf den heutigen Tag. Anlass war ein Brief von ORFGeneral Roland Weißmann an die Stiftungsräte. Darin skizzierte dieser ein düsteres Finanzszenario für den ORF: Die Rede ist von prognostizierten Verlusten von 70 Millionen Euro für 2024, von 90 Millionen für 2025 und von 130 Millionen Euro für 2026. Weißmann sieht in den Prognosen „eine der größten Finanzierungskrisen in der Geschichte des ORF“.
Die Auslöser sind auch für andere Unternehmen keine Unbekannten: Teuerungen, explodierende Energiekosten, Rückgänge der Werbeerlöse. Für den ORF aber besonders dramatisch ist der Schwund der Gebührenzahler. Aktuell machen die GIS-Gebühren rund 650 Millionen Euro aus, aber dem
ORF laufen beständig die Gebührenzahler davon: 2020 lag die Zahl der Rundfunkteilnehmerinnen und -teilnehmer mit 3,653 Millionen zum ersten Mal seit 20 Jahren unter dem Wert des Vorjahres, und die Tendenz geht weiter nach unten.
Aktuell sieht es laut ORF so aus: Die Zahl der Rundfunkteilnehmer liegt bei rund 3,6 Millionen, davon sind rund 280.000 aus sozialen Gründen gebührenbefreit. Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation und der sogenannten „Streaminglücke“verzeichne man eine stark ansteigende Zahl von Abmeldungen und rechne 2022 mit einem Rückgang der Rundfunkteilnehmer im mittleren fünfstelligen Bereich.
Bereits vor Monaten hat ORFChef Weißmann eine Taskforce ins Leben gerufen, die unter anderem die Motivlage für die Abmeldung eruieren soll. Kein Geheimnis ist, dass sich das Nutzerverhalten nicht zuletzt durch diverse Streamingdienste wie Netflix in den vergangenen
Jahren massiv geändert hat. Der ORF selbst rechnet aber auch mit rund 240.000 Nutzern seiner Inhalte, die keine GIS zahlen. Bekanntlich ist nun nach dem Spruch des Verfassungsgerichtshofs die Politik gefordert, die Finanzierung des ORF auf neue Beine zu stellen. In der Ziehung sind: eine Haushaltsabgabe, eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt oder eine erweiterte GIS-Gebühr.
All das wird heute auch Thema sein, wenn sich die 35 ORF-Stiftungsräte treffen, um den Finanzplan für 2023 zu beschließen. Für das nächste Jahr wird noch eine ausgeglichene Bilanz erwartet, die unter anderem durch Sachkostenreduktionen, Energiesparmaßnahmen oder auch durch eine moderate Lohnrunde und ein Aussetzen der Pensionskassenbeiträge gelingen soll. Zwischenzeitlich war auch hier von einem Minus in Millionenhöhe die Rede. Das Programm soll zumindest im nächsten Jahr noch unangetastet bleiben.