„Solche Spendenaktionen sind wie Ablasshandel“
Elisabeth Löffler ist Rollstuhlnutzerin und erklärt, warum sich nicht nur „Licht ins Dunkel“verändern muss.
Licht ins Dunkel“wird wegen der Darstellung des Lebens mit Behinderung und von Menschen mit Behinderung kritisiert. Finden Sie das gerechtfertigt? ELISABETH LÖFFLER: Die Darstellung von Menschen mit Behinderung als Bittsteller ist abzulehnen. Das Leben von Menschen mit Behinderung wird vermittelt – und der Name des Vereins bringt das mit sich –, als würden wir alle im Dunkeln ohne Licht sitzen. Und ich bin empört, dass dann Politikerinnen und Politiker dabeisitzen und sich selbst für ihre Spenden beklatschen, ihr Gewissen beruhigen und das Ganze gar nicht infrage stellen.
Muss man die Problematik als Politikum sehen?
Anstatt Einzelschicksale dramatisiert darzustellen, müssen Situationen und Umstände beleuchtet werden, mit denen Menschen mit Behinderung leben müssen – etwa die Barrieren, die ihnen begegnen. Man muss in diesem Zusammenhang die Frage stellen: Warum werden überhaupt Spenden gesucht? Würde man die UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Österreich wirklich umsetzen, wäre es gar nicht nötig, auf Spenden zu setzen.
Spielt dabei auch der Umgang der Öffentlichkeit mit Behinderung eine Rolle?
Ja, es geht ja nicht nur darum, den Namen von „Licht ins Dunkel“zu ändern, und dann ist alles gut. Die Haltung muss sich ändern, und die politisch Verantwortlichen müssen handeln. Wir haben in Österreich zu diesem Thema noch eine Haltung, die aus vergangenen
Jahrzehnten kommt. Diese geht etwa in die Richtung, behinderte Menschen mit dem Notwendigsten versorgen und dann irgendwo draußen im Grünen zu verstauen, damit wir sie im alltäglichen Leben nicht sehen. Menschen mit Behinderung werden dabei nicht als Ganzes gesehen. Doch Behinderung ist nur ein einzelner Ausdruck einer großen Vielfalt. Als Gesellschaft haben wir die Verantwortung, gemeinsam und gleichberechtigt zu leben. Erst wenn die Grundrechte für alle gleich umgesetzt werden, kann Begegnung auf Augenhöhe stattfinden.
Warum beteiligen sich Menschen dann aber begeistert an solchen Aktionen, wenn sie doch sonst lieber wegsehen?
„Licht ins Dunkel“ist eine
Spendenaktion und hat etwas von Ablasshandel. Dahinter steckt die Haltung: Wenn ich zu Weihnachten brav etwas spende, komme ich in den Himmel. Und ich kann das restliche Jahr wieder alles ignorieren, was mir unangenehm erscheint, weil mein Soll habe ich ja erfüllt. Zusätzlich ist das Spenden für Firmen eine gute Werbung, die im Grunde ja nicht einmal viel kostet – definitiv weniger, als etwa Menschen mit Behinderung im Betrieb anzustellen. Dahinter liegt eine Angst vor Begegnungen mit Menschen mit Behinderung. Und diese hängt wiederum damit zusammen, dass deren Leben eben immer als tragisch dargestellt werden. Das möchte man dann doch lieber von sich fernhalten.