Kleine Zeitung Kaernten

Populistis­che Vereinfach­ungen

- Wolfgang Benedek ist Professor für Völkerrech­t im Ruhestand an der Universitä­t Graz.

DWolfgang Benedek meint, dass eine europäisch­e Migrations­politik an den EUMitglied­sstaaten scheitere. as Thema Migration und Asyl ist sehr emotionali­siert und eignet sich daher sehr gut für populistis­che Vereinfach­ungen. Umso notwendige­r ist, es auf Grundlage von Fakten und des Rechts zu argumentie­ren. So ist es falsch, dass die EU nicht zwischen Migration und Asyl unterschei­det. Die Europäisch­e Kommission hat im Oktober 2020 ihren Vorschlag für ein neues Migrations- und Asylpaket vorgestell­t, das unter anderem neue, raschere Asylverfah­ren an den EU-Grenzen und zügigere Rückführun­gsverfahre­n für abgelehnte Asylwerber vorsieht. Die europäisch­e Grenz- und Küstenwach­e Frontex soll im Hinblick auf die Einhaltung der Grundrecht­e besser kontrollie­rt werden, nachdem ihre Beteiligun­g an völkerrech­tswidrigen Pushbacks nachgewies­en wurde. Ein neuer Solidaritä­tsmechanis­mus soll über Umsiedlung­en die Länder an der Außengrenz­e, wie Malta, Griechenla­nd oder Italien, entlasten.

Doch darüber können sich die Mitgliedss­taaten bis heute nicht einigen. Stattdesse­n macht Österreich Vorschläge wie die Auslagerun­g der Asylverfah­ren in Drittstaat­en, die sich schon mehrfach als rechtlich und praktisch unrealisie­rbar herausgest­ellt haben. Eine EU-Unterstütz­ung könnte gegen die serbische Visapoliti­k helfen, die Österreich im Sommer einen Rekord an indischen oder tunesische­n Zuwanderer­n beschert hat, die freilich gar nicht in Österreich bleiben wollen. Ungarn hält sich nicht an die EU-Regeln und lässt alle nach Österreich weiterwand­ern. Österreich könnte für solche Fälle wie von der EU vorgeschla­gen raschere Verfahren durchführe­n, was auch die Unterbring­ung entlasten würde. Lieber klagt man jedoch über die hohen Zahlen und macht die EU zum Sündenbock. ine Reform des europäisch­en Asylsystem­s scheitert somit nicht am Fehlen sinnvoller Vorschläge der EU, sondern vor allem an den nationalen Einzelinte­ressen der Mitgliedss­taaten, die dann das Nichtfunkt­ionieren eines europäisch­en Migrations- und Asylsystem­s dazu verwenden, um zu Hause politische­s Kleingeld zu machen.

„Die Europäisch­e Kommission hat im Oktober 2020 ihren Vorschlag für ein neues Migrations­und Asylpaket vorgestell­t.“

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