Es wurde geschuftet, was das Zeug hielt
Österreichs Erfolgsrodler um Wolfgang Kindl, Madeleine Egle und Co. greifen am Samstag beim Saisonauftakt in Innsbruck/Igls an. Die Heimbahn verzeiht keine Fehler, doch die Medaillengewinner von den Spielen in Peking sind gewappnet.
In der Vorsaison der Olympischen Spiele hatte er mit dem Gedanken gespielt, seine Karriere zu beenden. Der gewisse Speed habe gefehlt, sagt er. Wolfgang Kindl ist ein Typ, der versucht, Fehler bei sich zu suchen, einer, der alles für den Erfolg investiert. Allerdings weiß er auch, wie es sich anfühlt, die volle Breitseite verpasst zu bekommen. „Vielleicht wollte ich es zu sehr erzwingen. Ich war damals nicht ganz an der Spitze und da war es nicht leicht, die Motivation zu halten.“
Er stellte sich die Sinnfrage, wobei sich letztlich sein Kampfgeist durchsetzte und er weiter dran blieb. Es war die richtige Entscheidung. Mit zwei Silbermedaillen in China erfüllte sich ein Kindheitstraum. Anschließend gönnte er sich mit seiner Frau Elena sowie dem befreundeten Ehepaar Vanessa und Tom Herzog einen Namibia-Urlaub, bevor er im März wieder die Muckis spielen ließ.
Der Begriff „Kraftpaket“kommt nicht von ungefähr. Der Natterer Naturbursche, der sich selbst als „brutalen Ehrgeizler“und „kleines Zornbinkerl“bezeichnet, schuftete, was das Zeug hält. „Ich kann nicht ohne“, grinst der Tiroler, „ich habe aufgrund meiner Hebel Nachteile beim Start, das muss ich mit Kraft und Schnelligkeit kompensieren. Ich habe schon immer mehr trainiert, es ab und zu sogar übertrieben. Das brutal harte Krafttraining, bei dem ich übers Limit ging, hat mir aber über die Jahre nicht gutgetan, Verletzungen schlichen sich ein. Inzwischen bin ich gescheiter und nicht mehr so verkopft“, gesteht der Doppel-Weltmeister von 2017.
Der 34-Jährige weiß aus eigener Erfahrung, dass zu viel Ehrgeiz nach hinten losgehen kann. „Ich wollte von klein auf immer gewinnen, egal, worum es ging. Im Laufe der Zeit bin ich durch Niederlagen, die oft sehr hart waren, gereift und stärker geworden. Es war gut, meine Verbissenheit etwas zu dämpfen.“
Sein Ansporn ist weiter ungebrochen. Am Samstag starten die Rodel-Asse in Innsbruck in die Weltcupsaison. „Leichter wird es nicht, die Konkurrenz wird immer jünger. Ich muss mir meine Ziele so stecken, dass ich mein körperliches Level jedes Jahr aufs Neue erreiche, denn darüber hinauszugehen ist so gut wie unmöglich. Das muss ich akzeptieren.“
Das starke Herrenteam um Kindl, die Brüder Gleirscher, Thomas Steu/Lorenz Koller und Co. fährt beim Heimweltcup einmal mehr um den Sieg mit. „Ich bevorzuge die anspruchsvolleren Bahnen, aber in Igls spielt die Gratwanderung der Feinabstimmung eine große Rolle. Man muss verstehen, was unter einem passiert.“
Sie war mit 1,85 Metern die „Größte“und große Gejagte in Peking. Nach ihrem ersten Weltcuperfolg stieg für Madeleine Egle der Druck. In China
war im Einsitzer der Wurm drinnen: „Es ging nicht, wie ich wollte. Die Enttäuschung nach dem Sturz war riesig.“Umso größer war die Freude über Silber in der Teamstaffel. „Ich konnte alle Eindrücke aufarbeiten, sodass Platz für neue Motivation da war.“Egle ist sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst und weiß, „dass Komplettausfälle wie früher Geschichte sind“.
Der Einstieg zurück auf Eis verlief heuer etwas holprig. „Ich habe gemerkt, dass ich mich noch mehr anstrengen muss, um dort hinzukommen, wo ich hin will. Das ist nicht immer leicht, aber es spornt mich an“, unterstreicht Egle, deren Karriere mit 14 Jahren beinahe ein jähes Ende gefunden hätte. Bei einem Trainingssturz in Igls hatte sie sich einen fünffachen Trümmerbruch im Oberschenkel zugezogen.
Verständlich, dass die Tirolerin mit der Heimbahn in Igls eine Hassliebe verbindet. „Die WM 2017 war eine Katastrophe, aber letzte Saison lief es sehr gut“, erklärt die 24-Jährige, die ihre Schulterbeschwerden kurz vor dem Weltcupstart in den Griff bekommen hat. „Igls gehört zu den einfacheren Bahnen, aber gerade deshalb werden Fehler hart bestraft.“Sportlich liebt sie den „Temporausch“im Eiskanal, ihr „Rekord“steht auf beachtlichen 133 km/h. Und privat? Darf es auf Festivals auch einmal die „Rockerbraut“sein.