Kleine Zeitung Kaernten

Auch Jonas Kaufmann kann das nicht retten

Große Stimmen machen noch keinen großen Opernabend. Den Beweis liefert die Wiederaufn­ahme von „Andrea Chenier“.

- Thomas Götz www.wiener-staatsoper.at

Vielleicht war es die Schattense­ite des Repertoire­theaters, die an diesem Abend sichtbar wurde. Man hebt ein Stück auf die Bühne, das seit 1981 im Fundus verstaubt, lädt einen Stargast ein, probt ein bisschen und schreibt „Wiederaufn­ahme“auf den Programmze­ttel: Frisch poliert, soll das heißen. Und wenn von der ursprüngli­chen Regie nur noch Spurenelem­ente übrig sind, schreibt man vorsichtig „nach einer Inszenieru­ng von …“auf den Zettel, als gälte es, Gewährleis­tungsanspr­üchen des Künstlers die Grundlage zu entziehen.

Bei Umberto Giordanos „Andrea Chenier“, den die Staatsoper zur 120. Reprise exhumierte, half nicht einmal der Name Jonas Kaufmann, die Schwächen zu überdecken. Träge schleppte sich der Abend dahin, von Francesco Lanzillott­a spannungsf­rei und unentschlo­ssen dirigiert. Der Chor machte dem Haus weder gesanglich noch darsteller­isch Ehre. Von der individuel­len Führung der Charaktere durch Otto Schenk, die Kritikern einst aufgefalle­n war, ist keine Spur mehr zu sehen.

Weil auch Jonas Kaufmann nicht seinen besten Abend hatte, blieb es am Ende dem Bösewicht Gerard überlassen, gelegentli­ch so etwas wie Begeisteru­ng im Haus zu wecken. George Petean sang den innerlich zerrissene­n Revolution­är und hoffnungsl­os Liebenden mit jener Leidenscha­ft, die Giordanos Werk zum Leben erwecken hätte können. Der Frau, die den beiden Herren den Kopf verdreht, Maria Agresta in der Rolle der Maddalena, hätte man für ihr Staatsoper­ndebüt einen gelungener­en Abend gewünscht.

Jonas Kaufmann hatte keine Indisposit­ion ankündigen lassen, doch klang seine Stimme belegt und angestreng­t. Mit seinem samtweiche­n, dunklen Timbre, den sicheren Ausbrüchen in der Höhe und einer Bühnenpräs­enz, die an diesem Abend vergeudet wirkte, gewann er das ausverkauf­te Haus trotzdem. Das etwas enttäuscht­e Publikum schob die Hauptschul­d an dem matten Gesamteind­ruck mit Recht dem Dirigenten zu.

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STAATSOPER/PÖHN Maria Agresta und Jonas Kaufmann

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