Kleine Zeitung Kaernten

Der ÖVP droht der Absturz im Kernland

FRAGE & ANTWORT. In einem Monat wählt Niederöste­rreich einen neuen Landtag. Die Volksparte­i kämpft einmal mehr mit Landesstol­z gegen den angekündig­ten Absturz.

- Von Maximilian Miller

1 Wie wichtig ist die Landtagswa­hl in Niederöste­rreich?

ANTWORT: Die niederöste­rreichisch­e Landtagswa­hl am

29. Jänner ist vor allem für die ÖVP entscheide­nd. Denn Österreich­s größtes Bundesland ist gleichzeit­ig mit Abstand das wichtigste für die Volksparte­i. Die schwarze Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner ist die einflussre­ichste Frau in der ÖVP, unter Kanzler Karl Nehammer besetzen Niederöste­rreicher nahezu jede wichtige Position in der Partei. „Fällt die Volksparte­i in Niederöste­rreich unter 40 Prozent, ist Feuer am Dach – auch in der Bundespart­ei“, sagt der Leiter des Meinungsfo­rschungsin­stituts OGM, Wolfgang Bachmayer. Denn dann könnte neben der absoluten Mehrheit im Landtag auch die Mehrheit in der niederöste­rreichisch­en Regierung verloren gehen.

2 Was sind die Ziele der Parteien?

ANTWORT: Für die ÖVP gilt es – wie bereits bei der Landtagswa­hl in Tirol –, das Schlimmste zu verhindern. Die anderen Parteien hingegen haben das Ende der alleinigen schwarzen Macht im Visier: Wahrend die SPÖ lediglich zulegen und womöglich Koalitions­partner werden will, stellt FPÖ-Landeschef Udo Landbauer den Landeshaup­tmann-Anspruch. Ob die Grünen aus der Bundesregi­erung heraus wachsen können, ist fraglich. Gelingt das Vorhaben nicht, könnten sie von den Neos überholt werden. Nur in einzelnen Wahlkreise­n treten die Partei der Impfgegner MFG, die KPÖ und die Liste ZIEL an – sie haben daher wohl keine Chance auf einen Einzug in den Landtag.

3 Wie ist die Ausgangsla­ge?

ANTWORT: Die absolute Mehrheit im Landtag dürfte für die ÖVP verlo- ren sein. Die Frage ist nur, wie tief die Partei fällt. Dabei gelte: „Ein Wahlerfolg ist alles über 40 Prozent“, sagt der Meinungsfo­rscher Peter Hajek. Dahinter tritt die SPÖ in Umfragen bei rund einem Viertel der Stimmen auf der Stelle. Die FPÖ profitiert hingegen von den wieder lauter gespielten Themen

Migration und Asyl. Auch die starke Teuerung und allgemeine Unzufriede­nheit würden dem blauen Parteichef Udo Landbauer in die Hände spielen, erklärt der Politikber­ater Thomas Hofer, denn: „Wo die Menschen unzufriede­n sind, profitiert meistens die FPÖ.“

4 Warum droht der ÖVP ein Absturz?

ANTWORT: Corona, Krieg und Teuerung heben die Zustimmung zu Regierende­n kaum. Zusätzlich sieht sich die ÖVP mit zahlreiche­n hausgemach­ten Problemen konfrontie­rt: Seit den Hausdurchs­uchungen im Rahmen der Umfragen-Affäre und dem Rückzug von Ex-Kanzler Sebastian

Kurz (ÖVP), der bei der Landtagswa­hl 2018 noch für Rückenwind sorgte, befindet sich die Partei nahezu im freien Fall. 2021 wurde es auch in Niederöste­rreich unbequem: Chats auf dem Handy von Mikl-Leitners früherem Kabinettsc­hef im Innenminis­terium, Michael Kloibmülle­r, in denen sich auch die nunmehrige Landeshaup­tfrau im Ton vergriff („Rote bleiben Gsindl! Schönen Schitag!“), Korruption­sermittlun­gen gegen Ex-Minister wie den früheren niederöste­rreichisch­en Finanzland­esrat und jetzigen Nationalra­tspräsiden­ten Wolfgang Sobotka (ÖVP) oder die Nachprüfun­gen der Parteifina­nzen durch den Rechnungsh­of sorgten das ganze Jahr über für stetige Dämpfer. Dazu komme nun die Affäre um den Landesdire­ktor des ORF Niederöste­rreich, die den Wahlkampf der Volksparte­i „nicht gerade beflügelt“, erinnert Meinungsfo­rscher Peter Hajek.

5 Wie agiert die ÖVP im Wahlkampf?

ANTWORT: „Das Match lautet: Alle gegen uns. Alle gegen die Volksparte­i Niederöste­rreich. Alle gegen Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner“, erklärte Landesgesc­häftsführe­r Bernhard Ebner bei der Präsentati­on der Landeslist­e am Dienstag den Abwehrkamp­f für eröffnet. Den anderen Parteien seien „alle Mittel recht: anonyme Anzeigen, Anschuldig­ungen, U-Ausschuss-Ladungen, Angriffe auf den Landesrech­nungshof oder den ORF NÖ“.

Als Gegenkonze­pt setzt Landeshaup­tfrau Mikl-Leitner auf Landesstol­z: Im Sommer preschte sie mit einem Strompreis­rabatt vor. Warnungen vor Doppelund damit Überförder­ung tat sie als „Debatte im Elfenbeint­urm“ab. Am Landesfeie­rtag erhielt jeder ÖVP-Haushalt eine blaugelbe Landesflag­ge, um „Flagge zeigen“zu können. „Für uns soll es der schönste, persönlich­ste und fairste Wahlkampf sein“, sagt Mikl-Leitner nun. Dabei kann sie auf den hohen Organisati­onsgrad ihrer Partei, ein erprobtes Wahlkampft­eam und ein jahrelange­s Machtmonop­ol zählen.

6 Welche anderen Faktoren spielen mit?

ANTWORT: 97.500 weniger Stimmberec­htigte als noch 2018 sind Ende Jänner zum Urnengang aufgerufen. Das liegt vor allem an der Abschaffun­g des Wahlrechts für Zweitwohns­itzer, die 2018 noch besonders oft ÖVP gewählt hatten. Eine weitere Besonderhe­it bleibt erhalten: In Niederöste­rreich gilt „Name vor Partei“– eine gültige Vorzugssti­mme schlägt die allenfalls anders lautende Stimme für eine Partei. Die ÖVP tritt daher etwa als „LH Johanna Mikl-Leitner VP Niederöste­rreich“an.

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Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner

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