Der spionierende Sozialfall
Ein Spion am rechten Ort“, wusste Napoleon, „erspart 20.000 Mann an der Front.“Dass ein Sozialhilfeempfänger jahrelang von Wien aus für Russland spioniert haben soll, mag nur auf den ersten Blick verwundern. Ist doch eine perfekte Tarnung. Für gewöhnlich sind Diplomaten und Heeresangehörige unter den üblichen Verdächtigen. Wir sind zwar nicht im Krieg, aber Putin, der ehemalige KGB-Mann, und seine Mannen wollen trotzdem wissen, was sich bei unseren Truppen tut und ob wir vielleicht Einmarschpläne in der Schublade haben. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, wusste schon Lenin.
Wien gilt neben New York als größtes Spionagezentrum der Welt. Angeblich leben Tausende Spione in der Bundeshauptstadt. Zu lesen war schon einmal von 8000. In der U-Bahn, beim Heurigen, in der Sauna sitzt womöglich ein Spion neben einem. Die Hälfte der in Wien ansässigen Diplomaten soll für Geheimdienste arbeiten.
Der spionierende Sozialfall befindet sich übrigens auf freiem Fuß. Dabei verfügt er nicht einmal wie seine Kollegen über einen Diplomatenpass. Man hat ihn beobachtet, wie er tote Briefkästen befüllt hat. Womit, werden wir wohl nicht erfahren. Mag sein, dass nicht vorrangig Österreich das Ziel seiner Lausch- und Spähangriffe war. Denn Agenten dürfen laut Gesetz bei uns operieren, solange sie nicht gegen unser Staatswohl verstoßen. Aber bei so geheimen Aktionen dürfte das nicht leicht zu überprüfen sein. Die EU hat 400 russische Diplomaten ausgewiesen, Österreich gerade einmal vier. Ein russischer Attaché, der einen österreichischen Unteroffizier anzuwerben versuchte, wurde übrigens nicht ausgewiesen. Mit Großmächten verdirbt man es sich nicht. Und unter Kontrolle zu stehen, gibt ja auch Sicherheit. st es nicht spannend, dass wir in unseren Staatsgrenzen in einem guten Klima für Spionageromane leben? Schade, dass wir so wenig davon mitbekommen. Zu viel darüber zu wissen, dürfte allerdings der persönlichen Gesundheit abträglich sein.
„Wir sind zwar nicht im Krieg, aber Putin und seine Mannen wollen trotzdem wissen, ob wir Einmarschpläne in der Lade haben.“