„Ich habe noch immer so viele Bilder vor Augen“
Olympiasieger Thomas Morgenstern über Erinnerungen, Erfolge, die Skisprungdamen und sein heutiges Leben.
Nach 15 Jahren ist der Skisprungweltcup zurück in der Villacher Alpenarena. Welche Erinnerungen kommen da hoch? THOMAS MORGENSTERN: Das macht natürlich alt (lacht). Es ist wirklich unglaublich, dass es schon so lange her ist. Es ist immer schön, wenn man an so einen Ort zurückkehrt, an dem man als Kind so viel Zeit verbracht hat. Ich kenne hier, ungelogen, alles in- und auswendig. 2007 war das große Highlight mit den beiden Siegen, noch dazu war ich in Topform. In zwölf Jahren hatte ich nur einmal die Möglichkeit, vor meinem Heimpublikum in Kärnten zu springen, deshalb bleibt es unvergessen.
Wenn Sie davon erzählen, klingt es, als wäre das alles erst gestern gewesen?
Ja, es ist für mich noch extrem präsent, weil es einfach perfekt war, in jeglicher Hinsicht. Ich habe noch so viele Bilder vor Augen, sogar, dass ich einen blau-silbernen Anzug anhatte.
Es war sozusagen einer der schönsten Momente in Ihrer erfolgreichen Laufbahn?
Definitiv. Ich habe viele unglaublich schöne und wichtige Augenblicke in meiner Karriere erlebt, aber Villach war sehr speziell, noch dazu habe ich es geliebt auf 90-Meter-Schanzen zu springen, da vor allem der Stil und die perfekte Landung ausschlaggebend waren.
Jetzt sind die Damen in Villach an der Reihe, die sich in den vergangenen Jahren etabliert haben. Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?
Total positiv, da es den Sport generell aufwertet, wenn beide
Geschlechter diese Sportart ausüben. Die Qualität ist nach den Anfängen der Damen im Weltcup vor 13 Jahren immens gestiegen. Da springen sehr, sehr viele auf einem enorm starken Niveau, die sich richtig cool batteln. Und man merkt, dass immer mehr Mädels Lust aufs Skispringen bekommen.
Ihre zehnjährige Tochter Lilly ist ja auch schon auf den Geschmack gekommen, stimmt’s?
Absolut. Sie hat quasi im selben Alter wie ich damals begonnen und deshalb bin ich bei den Damen noch mehr involviert (lacht). Gestern war sie hier Fahnenträgerin, wie auch ich damals 1996. Wir haben jetzt schon einige Gemeinsamkeiten, was genial ist.
Da könnte ja quasi jemand in Ihre Fußstapfen treten.
Uh, das ist ein ganz breiter Weg. Das wird sich zeigen. Nur Skispringen im TV interessiert sie überhaupt nicht, sie will selbst runterhüpfen. Ich müsste da meinen Papa fragen, wie ich getickt habe, an das kann ich mich nicht mehr erinnern.
Wagen Sie sich noch die Schanze hinunter?
Nein, gar nicht mehr.
Wieso eigentlich nicht? Reizt es Sie gar nicht mehr? Oder ist das Gewicht schuld?
Letzteres ist garantiert ein großes Problem (lacht). Das war ein großer Faktor, wieso ich nie ein Comeback angestrebt habe.
Das heißt, es war damals der optimale Zeitpunkt, um den Schlussstrich zu ziehen?
Ja, doch. Ich habe ja nicht aus mangelnder Motivation aufgehört, sondern weil der Sturz passiert ist. Es wäre möglich gewesen weiterzuspringen, aber ich wäre in dem Zustand nicht fähig gewesen, ans Limit zu gehen. Da hat mir auch das Vertrauen, das enorm wichtig ist, gefehlt. Wenn einem Worte wie Angst oder Furcht entgegenfliegen, ist es kein gutes Zeichen. Und mein Anspruch war es, nicht im Mittelfeld zu landen, sondern vorne mitzumischen. Es ist alles anders gelaufen, als ich es mir vorgestellt habe, wobei letztlich war es der richtige Zeitpunkt.
Jetzt sind Sie voll mit Ihrer Hubschrauberfirma TMH Helicopter GmbH eingespannt, die Sie gemeinsam mit Martin Hinteregger gegründet haben.
Da investieren wir sehr viel Zeit, dass wir es stetig weiterentwickeln. Es ist nicht das leichteste Metier, aber es macht Spaß und bereitet einem Freude, wenn manche teilweise Tränen in den Augen haben, da sie zuvor noch nie mit einem Hubschrauber geflogen sind. Dann gibt’s die ein oder andere Werbegeschichte und meine Zwillinge halten mich auch auf Trab. Ich bin glücklich.