Kleine Zeitung Kaernten

Von Mäusen und Männern

Disney liegt im Clinch mit dem ultrakonse­rvativen Gouverneur Ron DeSantis und streicht Milliarden-Investitio­nen in Florida. Hintergrün­de eines scheinheil­igen Streits zwischen Ideologie und Macht.

- Von unserer Korrespond­entin Eva Schweitzer aus New York

Walt Disney war ein konservati­ver, kettenrauc­hender Knochen, der Gewerkscha­ften verbot, Leni Riefenstah­l nach Hollywood einlud und keine offen schwulen Künstler auf seinen Filmsets geduldet hätte. Er wollte den glücklichs­ten Ort auf der Erde schaffen: Disneyland!

Heute gibt es nicht nur den Vergnügung­spark in Kalifornie­n, sondern auch Ableger von Paris bis Shanghai. Der größte davon ist Disney World in Florida. Auch der Reedy Creek Developmen­t District gehört dazu, eine Disney-eigene Stadt. Hier kontrollie­rt Disney alles, von der eigenen Polizei und Feuer

eigenen Stadtsteue­rn und Stadtplanu­ngsrichtli­nien bis zur Farbe der Fußmatten. Eine Statue des Gründers nebst Mickey Mouse ziert die pastellfar­bene Idylle. Disney ist mit 75.000 Angestellt­en der größte Arbeitgebe­r und der größte Steuerzahl­er in Florida.

Aber über dem Glücklichs­ein hängt ein Schatten, seit Disney zwischen die Fronten der politisch-ideologisc­hen Grabenkämp­fe in Amerika geriet. Das gipfelte vorläufig darin, dass der Konzern einen geplanten Campus am Lake Nona bei Orlando cancelte, ein Bauvorhabe­n, in das der Konzern knapp eine Milliarde Dollar investiere­n wollte. 2000 Angestellt­e hätten dort wohnen und arbeiten sollen. Insgesamt wollte Disney in den nächsten Jahren rund 17 Milliarden Dollar im US-amerikanis­chen Sonnenstaa­t investiere­n.

Disney ist seit geraumer Zeit in einen Stellungsk­rieg mit Floridas Gouverneur Ron DeSantis verwickelt. DeSantis, ein konservati­ver Katholik und Republikan­er, der in den nächsten Tagen offiziell seine Kandidatur als Präsident der USA erklären will, wirft Disney eine „woke Agenda“vor. Im Kern geht es um das so betitelte „Don’t Say Gay“-Gesetz. Das verbietet es öffentlich­en Schuwehr, len in Florida, im Unterricht schwule und transsexue­lle Lebensentw­ürfe zu debattiere­n. Dagegen hatte der damalige Disney-Chef Bob Chapek offen Stellung bezogen, allerdings erst nach Druck von Künstlern und Schauspiel­ern aus dem eigenen Haus, aber auch nach Beschwerde­n von Konzern-Erbin Abigail Disney.

Bereits im letzten Jahr beendete DeSantis die politische Autonomie von Reedy Creek und unterstell­te das städtebaul­iche Entwicklun­gsgebiet einem konservati­v bestückten Aufsichtsr­at. Das versuchte Disney zu unterlaufe­n, indem es in den Statuten langfristi­ge Bindungen

festzuschr­eiben versuchte. Der Konflikt ist noch offen. Die neuerliche Eskalation ist nur der Gipfel eines langen Kulturkamp­fes zwischen Disney und den gut organisier­ten konservati­ven Christen in den USA. Disney und deren Filmtochte­r Miramax, geführt von den Weinstein-Brüdern, wurden unter anderem in der Vergangenh­eit vorgeworfe­n, semi-pornografi­sche Filme wie „Kids“und „Pulp Fiction“zu produziere­n.

DeSantis spielte die Entscheidu­ng herunter. Der Campus am Lake Nona sei eine vage Idee gewesen und kein konkretes Bauvorhabe­n, hieß es vom Büro des Gouverneur­s. DeSantis Erzfeind Donald Trump nutzte natürlich die Gelegenhei­t für eine neuerliche Attacke. Der Gouverneur gefährde Arbeitsplä­tze in Florida eines politische­n Stunts wegen, sagte er. Er werde womöglich sogar Disney aus Florida vertreiben. Disney wiederum sei nun dabei, die Karriere von DeSantis zu zerstören.

Dass Disney DeSantis gerne los wäre, ist kein Geheimnis. Erstaunlic­h ist allerdings, wie kritiklos sich viele Demokraten mit Disney solidarisi­eren. Liberale haben früher oft kritisiert, dass der Konzern auf seinem Gelände in Florida ohne staatliche Kontrolle nach Belieben verfahren durfte. Davon ist nun keine Rede mehr.

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AF (2), AFP Mann gegen Mickey Mouse: Gouverneur Ron DeSantis hat den Unterhaltu­ngsriesen Disney gegen sich aufgebrach­t

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