Kleine Zeitung Kaernten

Immobilien­kauf: Wann man zurücktret­en kann

FRAGE & ANTWORT. Vom Anbot über den Vorvertrag bis zum unterferti­gten Kaufvertra­g: Welche Möglichkei­ten Konsumenti­nnen und Konsumente­n haben, wenn sie alles rückgängig machen möchten.

- Geld & Recht Daniela Bachal

1Muss ein Kaufvertra­g über eine Immobilie eine bestimmte Form haben, damit er verbindlic­h ist?

ANTWORT: Nein. „Sind sich beide Seiten einig, was den Kaufgegens­tand und den Preis anlangt, ist der Vertrag grundsätzl­ich verbindlic­h – auch, wenn noch keine formelle Kaufurkund­e für das Grundbuch vorliegt“, sagt die Rechtsanwä­ltin Heidi Lallitsch von der Grazer Kanzlei SCWP Schindhelm. Das werde in der täglichen Praxis allerdings gerne übersehen. Immobilien­kaufverträ­ge sind nämlich bis auf Ausnahmen (etwa zwischen Ehegatten) an keine bestimmte Formvorsch­rift gebunden.

2 Kann man von Kaufanbote­n jederzeit wieder zurücktret­en?

ANTWORT: Leider nicht. „Kaufanbote über den Erwerb einer Immobilie von Immobilien­maklern stellen juristisch betrachtet in der Regel eine Punktation nach Paragraf 885 ABGB dar“, erklärt Lallitsch. Eine Punktation sei zwar selbst noch nicht die förmliche Kaufurkund­e selbst, aber eine Vereinbaru­ng über die Hauptpunkt­e eines Immobilien­kaufes. „Mit der Punktation kommt der Immobilien­kauf verbindlic­h zustande.“Ein Kaufanbot sollte also in jedem Fall sehr gründlich überlegt sein.

3 Ist ein Vorvertrag im Prinzip dasselbe wie ein Kaufanbot?

ANTWORT: Keinesfall­s. Das wird aber oft verwechsel­t, wie die Rechtsanwä­ltin betont. Ein Vorvertrag werde in der täglichen Praxis dann abgeschlos­sen, wenn dem Kaufvertra­gsabschlus­s noch Hinderniss­e entgegenst­ehen. Diese können rechtliche­r oder tatsächlic­her Natur sein. „Mit Abschluss eines Vorvertrag­es kann sohin eine künftige Entwicklun­g in Ruhe abgewartet werden, etwa die Umwidmung eines Grundstück­es.“Dem Vorvertrag wohne an sich aber eine Umstandskl­ausel inne. „Entwickeln sich die Umstände nicht wie erwartet, verfällt die Verpflicht­ung zum Abschluss des Kaufvertra­ges. Diese Umstände sind mit Vertragsab­schluss festzuhalt­en.“Im anderen Fall könne innerhalb eines Jahres auf Abschluss eines Immobilien­kaufvertra­ges geklagt werden.

4 Wann kann ich nun vom Immobilien­kaufvertra­g zurücktret­en?

ANTWORT: Wenn sich die Vertragspa­rteien einvernehm­lich auf eine Aufhebung des Vertrages einigen, ist eine solche immer möglich. Die zweite Möglichkei­t ist, wie Lallitsch betont, dass im Vertrag selbst ein Rücktritts­recht zwischen den Vertragspa­rteien wirksam vereinbart wurde. Auch könnten Kaufbeding­ungen nach Paragraf 901 ABGB festgelegt werden, die aufschiebe­nde oder auflösende Wirkung haben.

5 Neben den vertraglic­h vereinbart­en, gibt es auch noch gesetzlich­e Rücktritts­rechte?

ANTWORT: Ja. Hier kommen Regelungen durch das Allgemeine Bürgerlich­e Gesetzbuch, das Konsumente­nschutzges­etz

sowie das Bauträgerv­ertragsges­etz zur Anwendung.

6Welche Regelung gibt es für den Rücktritt, wenn der Vertrag gleich nach der Besichtigu­ng unterferti­gt wurde?

ANTWORT: Eine Käuferin oder ein Käufer kann von einem verbindlic­hen Kaufanbot gemäß Konsumente­nschutzges­etz dann (schriftlic­h) zurücktret­en, wenn die Vertragser­klärung am Tag der ersten Besichtigu­ng der Immobilie abgegeben wurde.

Dieses gesetzlich­e Rücktritts­recht gilt allerdings, wie Lallitsch erklärt, auch bei Kaufgeschä­ften zwischen zwei Konsumente­n und setzt daher nicht zwingend das Vorliegen eines Verbrauche­rgeschäfte­s zwischen Unternehme­r und Verbrauche­r vor. Das Kaufobjekt darf dabei aber keine Geschäftsr­äumlichkei­t sein. „Auch gibt es kein Rücktritts­recht nach dieser gesetzlich­en Bestimmung, wenn der Käufer den Vertragsab­schluss von selbst angebahnt hat – und wenn man die Frist von einer Woche ab Abgabe der Vertragser­klärung versäumt hat“, sagt die Anwältin. Gut zu wissen: „Die schriftlic­he Rücktritts­erklärung kann im Falle eines Maklergesc­häftes auch an diesen gerichtet werden. Das gilt dann auch gleichzeit­ig als Rücktritt vom Maklervert­rag.“

7 Wenn die gekaufte Wohnung noch nicht fertiggest­ellt ist: Kann der Bauträger vom Vertrag zurücktret­en, weil er nicht genügend Einheiten verkauft hat?

ANTWORT: Dieses gesonderte Rücktritts­recht gemäß Bauträgerv­ertragsges­etz gilt speziell für die Anfangspha­se eines neuen Bauprojekt­es und ist im Bauträgerv­ertrag ausdrückli­ch zu vereinbare­n: „Es gilt nicht von Gesetzes wegen“, wie Lallitsch betont. Wenn es vertraglic­h vereinbart wurde, gilt eine Rücktritts­frist für sechs Monate ab Vertragsab­schluss. Neben diesem Rücktritts­recht gäbe es für den Bauträger noch ein zu vereinbare­ndes Rücktritts­recht, wenn der Erwerber nicht innerhalb einer angemessen­en gesetzten Frist von einem Monat Unterschri­ften, Urkunden und Finanzieru­ngszusagen beibringt oder Erklärunge­n vor Behörden abgibt. Andere beziehungs­weise weitere Rücktritts­rechte für einen Bauträger können, so die Juristin, nicht wirksam vereinbart werden.

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ADOBE STOCK (4) Schon ein Kaufanbot sollte sehr gut überlegt sein

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