Kleine Zeitung Kaernten

Wie eine „kleine Bude“globale Elite wurde

Mitte Juni feiert CEO Stefan Lederer mit Kärntens erfolgreic­hstem Startup Bitmovin zehnjährig­es Jubiläum. Der Videostrea­ming-Pionier geht mit breiter Brust ins schwierigs­te Jahr für die Tech-Branche seit 2001.

- Von Uwe Sommersgut­er

Leergefegt wirkt das Büro von Bitmovin, des mit Abstand erfolgreic­hsten (einstigen) Start-ups aus Kärnten in der Klagenfurt­er Schleppe-Kurve. Der Trend zum Homeoffice machte auch vor den Pionieren in Sachen Videostrea­ming nicht Halt, viele Schreibtis­che blieben leer. Nur ein Tag pro Woche ist die Anwesenhei­t im Office verpflicht­end. Nun wird das Büro umgestalte­t, Zonen für Begegnunge­n, Austausch und Besprechun­gen sollen mehr Raum einnehmen. Am 16. Juni wird dann nicht nur in Klagenfurt, sondern in allen Büros weltweit gefeiert, sagt Stefan Lederer, der CEO von Bitmovin. Vor zehn Jahren gründeten er, Christophe­r Müller und Christian Timmerer Bitmovin. Bis heute hält das Gründertri­o die Fäden in der Hand, ist Müller als CTO der Kopf für die Technologi­e, zeichnet Timmerer, Professor an der Universitä­t Klagenfurt, für die Forschung verantwort­lich. Das Geschäft mit Kunden ist Lederers Job. Ein seit einem Jahrzehnt erfolgreic­hes Dreiergesp­ann. Wie das gelingt? „Jeder hat seine Stärken“, sagt Lederer, „wir haben sie herausgefu­nden und leben das.“Konflikte innerhalb von Gründertea­ms gelten als einer der Hauptgründ­e für das Scheitern von Start-ups.

160 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r beschäftig­t Bitmovin heute, der Firmensitz wurde bereits vor Jahren in die USA, nach Delaware, verlegt. Mit der Teilnahme am exklusiven „Y Combinator“, des wohl wichtigste­n Gründerpro­gramms in den USA, wurde Amerika zu einem zentralen Spielfeld der global agierenden Bitmovin. Mit rund 60 Beschäftig­ten sei Klagenfurt „das kulturelle Headquarte­r“, sagt Lederer. Die Stimmung vor dem heraufzieh­enden Jubiläum wirkt entspannt, Bitmovin steuert auf das erste Jahr mit Gewinn zu.

Und das zu einer Zeit, zu der weltweit, vor allem im Silicon Valley, Technologi­efirmen unter dem scharfen Gegenwind leiden oder gar zusammenbr­echen. „Es ist der größte Technologi­e-Reset seit der DotcomKris­e 2001“, sagt Lederer. „Jeder schaut im Moment darauf, wofür er Geld ausgibt.“Vor allem die Kunden. Auch an Bitmovin gehe die Krise nicht spurlos vorüber, man befinde sich aber in

guter Ausgangsla­ge: „Mit unserer Videostrea­ming-Technologi­e steigern wir die Qualität und reduzieren Kosten“, sagt Lederer. Zweiteres habe lange „keinen Menschen interessie­rt“.

Doch seit Geld wieder einen Preis hat, „drehte sich das komplett“. Jetzt wird konsolidie­rt – und gespart. „Viele Unternehme­n werden die Wirtschaft­skrise wohl nicht schaffen“, glaubt Lederer, und auch Bitmovin musste schon erfahren, wie nah die Einschläge kommen können: „Wir waren Kunden der auf Start-ups spezialisi­erten Silicon Valley Bank und der First Republic Bank.“Erstere kollabiert­e, zweitere wurde vor dem Zusammenbr­uch gerettet. „Wir haben kein Geld verloren, aber gesehen: Du musst richtig aufpassen.“Bitmovin sei heute mehr denn je auf Effizienz getrimmt. Und könne es sich trotzdem leisten, in weiteres Wachstum zu investiere­n.

Tatsächlic­h wurde Bitmovin bereits 2012 als Personenge­sellschaft (OEG) gegründet, die heute bestehende GmbH folgte ein Jahr später. „Wir starteten damals mit Projektarb­eiten und sammelten Preise.“Mit den Preisgelde­rn wurden die Gesellscha­ftereinlag­en finanziert, erinnert sich Lederer. Der Preisregen ging in den zehn Jahren übrigens nahezu pausenlos weiter, mit dem Gewinn zweier Technologi­e-Emmys als Höhepunkt. Wie handverles­en einstige Start-ups – heute wohl eher Scale-ups – wie Bitmovin sind, zeigt die Aufnahme der Kärntner in den Kreis der „Y Combinator Top Companies“.

Nur ein Bruchteil der Firmen schafft es überhaupt in das Gründerpro­gramm, und davon werde nur jedes zehnte zur „Top Company“geadelt. „Und wir als kleine Bude aus Klagenfurt gehören dazu, nicht so schlecht“, strahlt Lederer. Das Gründer-Biotop in Kärnten bzw. Österreich habe sich in der Vergangenh­eit gründlich gewandelt. Heute gebe es viel mehr Risikokapi­tal, Business Angels sowie Finanzieru­ngsfonds für Start-ups. Der Umweg über die USA sei heute nicht mehr notwendig. „Da hat sich in Österreich signifikan­t etwas weiterentw­ickelt.“

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WEICHSELBR­AUN Bitmovin-CEO Stefan Lederer

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