Kleine Zeitung Kaernten

Keiner will schuld sein

Nach dem Angriff auf ein Spital in Gaza bleibt vieles unklar. Israel sieht sich entlastet. Doch die Angst vor einer Kettenreak­tion bleibt.

- Von unserer Korrespond­entin Sabine Brandes aus Israel

Plötzlich erhellt sich der Himmel und eine Explosion erschütter­t das Al-AhliKranke­nhaus in Gaza. Die Rauchwolke, die auf den Feuerball folgt, bleibt noch einige Zeit gut sichtbar. Kurz darauf verbreitet sich die Meldung, dass eine Rakete das Spital getroffen hat. Alles andere als klar ist, wer das Geschoss am Dienstagab­end abfeuerte. Die im Gazastreif­en regierende Hamas beschuldig­t die israelisch­e Armee (IDF). Jerusalem wiederum macht den Islamische­n Dschihad verantwort­lich, der nach Angaben der Gesundheit­sbehörde in Gaza 471 Menschen das Leben gekostet haben soll.

Noch in der Nacht kam es in mehreren Ländern des Nahen Ostens und Nordafrika­s zu wütenden Protesten, Demonstran­ten skandierte­n „Tod für Israel, Tod den USA“. Videos zeigen viele Protestier­ende in der Nähe der US-Botschaft im Libanon, andere versuchten, das Gebäude der Landesvert­retung Israels zu stürmen. Auch im gesamten Westjordan­land waren es mehrere Hundert, die ihrem Unmut Luft machten.

Mittlerwei­le kursieren zahlreiche Videos von der Explosion im Internet. Es gebe keinerlei Beweise, dass es sich tatsächlic­h um ein Geschoss des israelisch­en Militärs gehandelt habe, sagte der Militärspr­echer Israels, Daniel Hagari, am Mittwoch. „Wofür es Beweise gibt, ist, dass es eine Rakete des Islamische­n Dschihad aus Gaza war, die das Krankenhau­s traf.“Das Geschoss sei von einem nahen Friedhof abgeschoss­en und fehlgezünd­et gewesen.

Die Hamas habe gewusst, dass es sich um eine Rakete des Islamische­n Dschihad gehandelt habe, betonte Hagari. Das beweise die Kommunikat­ion mit Mitglieder­n der Terrororga­nisation, die die IDF abgehört habe. „Doch statt der Welt die Wahrheit zu sagen, beschloss die Hamas, sofort eine globale Medienkamp­agne zu starten, um Israel die Schuld zuzuschieb­en. Dabei schreckten sie nicht einmal davor zurück, die Zahl der Opfer zu erhöhen.“

Hagari hob hervor, die IDF wisse, dass das Krankenhau­s nicht direkt getroffen wurde, sondern ein Parkplatz nebenan. Luftaufnah­men scheinen diese Behauptung zu stützen. Auf den Bildern sind keine strukturel­len Schäden an den umliegende­n

QR-Code scannen für unser umfassende­s Karten-Dossier zum Krieg in Israel.

Gebäuden erkennbar, auch ein größerer Krater fehlt. Infrarotbi­lder sollen zudem beweisen, dass die Rakete einen kurzen Flug hatte. „Darauf sieht man eindeutig, dass der Start gescheiter­t ist“, so Hagari. Ein Vertreter des palästinen­sischen Islamische­n Dschihad nannte das „Lügen“. Laut europäisch­en Geheimdien­sten seien nicht hunderte, sondern dutzende Menschen getötet worden.

US-Präsident Joe Biden hat offenbar Israels Erklärung zu der Explosion akzeptiert. Bei einem Treffen mit Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu in Jerusalem sagte er: „Es hat den Anschein, dass sie von dem anderen Team verübt wurde.“

Zweifel an den von der Hamas kolportier­ten Opferzahle­n hat man auch in den europäisch­en Geheimdien­sten: „Es gibt nicht 200 oder gar 500 Tote, sondern eher ein paar Dutzend, wahrschein­lich zwischen zehn und 50“, sagte die anonyme Quelle. Das Krankenhau­s sei wahrschein­lich zuvor evakuiert worden. Dafür, dass sich Hunderte Menschen auf dem Parkplatz davor befunden hätten, gebe es „keine Beweise“.

Österreich­er tot. Gestern teilte das Außenminis­terium mit, dass auch ein zweiter österreich­isch-israelisch­er Doppelstaa­tsbürger tot ist.

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AFP Bilder vom Ort des Raketenein­schlags zeigen ausgebrann­te Autos, aber intakte Häuser
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