Atemlos im Nebel des Kriegs
Es wird dauern, bis wir die genauen Umstände der Explosion auf dem Gelände des Al-Ahli-Arab-Krankenhauses kennen, manches werden wir vielleicht auch nie erfahren. Offensichtlich ist aber, dass die von der Hamas am Dienstagabend verbreitete Erzählung, wonach eine israelische Fliegerbombe für knapp 500 Tote in der Klinik in Gaza-Stadt verantwortlich ist, mit jeder seither vergangenen Stunde löchriger wurde. Mittlerweile gibt es Film- und Tonaufnahmen, die nahelegen, dass eine fehlgeleitete Rakete aus dem Gazastreifen auf den Parkplatz des Spitals gestürzt ist. Die am Tag danach von Pressefotografen gemachten Fotos zeigen, dass die Gebäude des Krankenhauses weitgehend intakt sind.
Doch auf Fakten will derzeit kaum jemand warten. Schuld ist in jedem Fall derjenige, der nicht unsere Sympathien genießt, was richtig oder falsch ist, entscheidet sich in der von Algorithmen voran gepeitschten Logik der Sozialen Medien innerhalb von Sekunden und Minuten. Das treibt nicht nur die klassischen Medien vor sich her, die sich im Nebel des Krieges noch viel weniger als früher Zeit für ein Innehalten oder ein „Wir wissen es noch nicht“nehmen. Auch Regierungskanzleien, Parteien und NGOs lassen sich immer öfter auf Schnellschüsse ein, um ja nicht in den Verdacht zu kommen, auf der falschen Seite zu stehen. as gut gemeint sein mag, ist letztendlich aber fatal. Denn wenn eines den aktuellen Konflikt in Nahost befeuert, dann ist es die Polarisierung, die derzeit weltweit um sich greift.
Ronald Schönhuber
W
22. 10. 28. 10. 5. 11. 13. 11.