Die Zukunft muss zahlen
Es gibt keine schlechtere Verwendung von Steuergeld als die Refinanzierung unnötiger Schulden. „Zukunftsbudget“darf nicht heißen, dass die Zukunft zahlen muss.
Dieser Satz ist ein österreichischer Klassiker: „Experten vermissen Strukturreformen.“Nie falsch und seit Jahrzehnten, eigentlich sogar Jahrhunderten, verlässlich gültig. Am Mittwoch fand er als Titel einer Meldung der Nachrichtenagentur APA zur Budgetrede von Finanzminister Magnus Brunner den gebührlichen Niederschlag. Und fast könnte man den Eindruck gewinnen, dass auch all die wechselnden Experten längst jede Hoffnung auf die nötigen Veränderungen aufgegeben haben.
Die Frustration ist verständlich. Nicht dass Österreichs Budget in Krisen- oder Pandemiejahren in den roten Bereich rückt, ist das Problem, sondern dass man in die frühen 1950erJahre zurückgehen muss, um einen echten Budgetüberschuss des Bundes zu finden. Ein Defizit zu machen ist seitdem zu einem Naturgesetz der heimischen Finanzpolitik geworden. Ein Plus kennen sämtliche Mitglieder dieser Koalition, wenn überhaupt, nur aus Erzählungen ihrer Eltern.
Tradition wirkt, und politisch bequemer ist es sowieso. Allerdings maximal für die unmittelbare Gegenwart, und manchmal nicht einmal das.
So wird sich die Zinsbelastung vom langjährigen Tiefststand von 0,9 Prozent des BIP 2022 bis 2027 auf zwei Prozent mehr als verdoppeln. Allein für 2024 sind dafür 9,2 Milliarden Euro veranschlagt. Eine enorme Summe, umso mehr, wenn man weiß, dass die Spitze aufgrund der langjährigen Laufzeiten österreichischer Schuldtitel nicht erreicht sein könnte, wenn die Zinsen länger hoch bleiben. Es gibt keine schlechtere Verwendung von Steuergeld als die Refinanzierung nicht unbedingt notwendiger Schulden.
Hier greift die zweite, politisch wirklich relevante Kritik an Österreichs Budgetpolitik: Nur ein kleiner Teil der insgesamt für 2024 veranschlagten Schuldenlast von 366 Milliarden Euro ist in sogenannte Zukunftsinvestitionen wie Bildung, Forschung oder Infra
Betreff: struktur geflossen. Dass die Jungen dereinst doppelt zur Kasse gebeten werden, ist ein pervertiertes Verständnis des viel gepriesenen Generationenvertrags. In keinem Bereich ist dieser Haushalt weiter von einem „Zukunftsbudget“, wie es Karl Nehammer bezeichnet, entfernt wie hier. Es reicht eben nicht, Geld auszugeben. Es sei denn, der Bundeskanzler will mit „Zukunftsbudget“ausdrücken, dass die Zukunft die Kosten berappen muss. er Finanzminister hat das immerhin eingestanden: Angesichts der dynamisch wachsenden Kosten für das Pensionssystem werde es zu den Aufgaben der kommenden Regierungen zählen, hier Veränderungen vorzunehmen. Der Handlungsbedarf ist nicht erst seit gestern absehbar.
Doch Rechtzeitigkeit ist in der österreichischen Politik eine unbekannte Tugend. Dabei wäre wenig wichtiger, als zur rechten Zeit mit den richtigen Weichenstellungen zu beginnen. Breite Mehrheiten würden solche, mitunter schmerzhafte Entwicklungen erleichtern, ihre Akzeptanz stärken. Aber auch das ist ein Wunschtraum.
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