Kleine Zeitung Kaernten

Die Zukunft muss zahlen

Es gibt keine schlechter­e Verwendung von Steuergeld als die Refinanzie­rung unnötiger Schulden. „Zukunftsbu­dget“darf nicht heißen, dass die Zukunft zahlen muss.

- Walter.haemmerle@kleinezeit­ung.at

Dieser Satz ist ein österreich­ischer Klassiker: „Experten vermissen Strukturre­formen.“Nie falsch und seit Jahrzehnte­n, eigentlich sogar Jahrhunder­ten, verlässlic­h gültig. Am Mittwoch fand er als Titel einer Meldung der Nachrichte­nagentur APA zur Budgetrede von Finanzmini­ster Magnus Brunner den gebührlich­en Niederschl­ag. Und fast könnte man den Eindruck gewinnen, dass auch all die wechselnde­n Experten längst jede Hoffnung auf die nötigen Veränderun­gen aufgegeben haben.

Die Frustratio­n ist verständli­ch. Nicht dass Österreich­s Budget in Krisen- oder Pandemieja­hren in den roten Bereich rückt, ist das Problem, sondern dass man in die frühen 1950erJahr­e zurückgehe­n muss, um einen echten Budgetüber­schuss des Bundes zu finden. Ein Defizit zu machen ist seitdem zu einem Naturgeset­z der heimischen Finanzpoli­tik geworden. Ein Plus kennen sämtliche Mitglieder dieser Koalition, wenn überhaupt, nur aus Erzählunge­n ihrer Eltern.

Tradition wirkt, und politisch bequemer ist es sowieso. Allerdings maximal für die unmittelba­re Gegenwart, und manchmal nicht einmal das.

So wird sich die Zinsbelast­ung vom langjährig­en Tiefststan­d von 0,9 Prozent des BIP 2022 bis 2027 auf zwei Prozent mehr als verdoppeln. Allein für 2024 sind dafür 9,2 Milliarden Euro veranschla­gt. Eine enorme Summe, umso mehr, wenn man weiß, dass die Spitze aufgrund der langjährig­en Laufzeiten österreich­ischer Schuldtite­l nicht erreicht sein könnte, wenn die Zinsen länger hoch bleiben. Es gibt keine schlechter­e Verwendung von Steuergeld als die Refinanzie­rung nicht unbedingt notwendige­r Schulden.

Hier greift die zweite, politisch wirklich relevante Kritik an Österreich­s Budgetpoli­tik: Nur ein kleiner Teil der insgesamt für 2024 veranschla­gten Schuldenla­st von 366 Milliarden Euro ist in sogenannte Zukunftsin­vestitione­n wie Bildung, Forschung oder Infra

Betreff: struktur geflossen. Dass die Jungen dereinst doppelt zur Kasse gebeten werden, ist ein pervertier­tes Verständni­s des viel gepriesene­n Generation­envertrags. In keinem Bereich ist dieser Haushalt weiter von einem „Zukunftsbu­dget“, wie es Karl Nehammer bezeichnet, entfernt wie hier. Es reicht eben nicht, Geld auszugeben. Es sei denn, der Bundeskanz­ler will mit „Zukunftsbu­dget“ausdrücken, dass die Zukunft die Kosten berappen muss. er Finanzmini­ster hat das immerhin eingestand­en: Angesichts der dynamisch wachsenden Kosten für das Pensionssy­stem werde es zu den Aufgaben der kommenden Regierunge­n zählen, hier Veränderun­gen vorzunehme­n. Der Handlungsb­edarf ist nicht erst seit gestern absehbar.

Doch Rechtzeiti­gkeit ist in der österreich­ischen Politik eine unbekannte Tugend. Dabei wäre wenig wichtiger, als zur rechten Zeit mit den richtigen Weichenste­llungen zu beginnen. Breite Mehrheiten würden solche, mitunter schmerzhaf­te Entwicklun­gen erleichter­n, ihre Akzeptanz stärken. Aber auch das ist ein Wunschtrau­m.

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