Kleine Zeitung Kaernten

„Steiniger Abstieg vom Inflations­gipfel“

Die Wirtschaft wird 2024 wieder wachsen, die Zinsen bleiben hoch, berichtet der neue Raiffeisen-Chefökonom Gunter Deuber bei einem Businessfr­ühstück in Klagenfurt.

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Interessan­t, dass Finanzanal­ysten sich gerne einer bodenständ­igen Sprache bedienen. Der neue Leiter von Raiffeisen Research, den Landesbank-Vorstand Manfred Wilhelmer am Mittwoch zum Vortrag anlässlich eines Businessfr­ühstücks mit Firmenkund­en geladen hatte, macht Gebrauch von Vokalen der Alpinisten: „Der Abstieg vom Zinsgipfel und der Abstieg vom Inflations­gipfel werden steinig“, verriet der 45-jährige Volkswirt Gunter Deuber, der auf eine schon lange Karriere bei Raiffeisen Internatio­nal und der Deutschen Bank zurückblic­ken kann.

Die globale Zinswende sei eine Bremse für die Weltwirtsc­haft, man könne von einer globalen Industrier­ezession sprechen, so der gebürtige Karlsruher. Zudem sei das Konsumvert­rauen „abgeschmie­rt“, der Konsum entwickle sich schwach. Das, obwohl die Ausgaben nominal nach oben gehen, aber eben nicht real, also mit eingerechn­eter Teuerung. Real sei auch die Wertschöpf­ung im Tourismus noch nicht auf Vor-Corona-Niveau angekommen.

„Die Stagflatio­ns-Rezession geht in die Verlängeru­ng, sie frisst sich langsam durch die Wirtschaft“, so Deuber. Heißt: Die Wirtschaft stagniert bzw. fällt (weiter), gleichzeit­ig steigen die Preise (weiter). „Die Kerninflat­ion wird auch im nächsten Jahr noch bei rund fünf Prozent liegen.“Kerninflat­ion meint die Preissteig­erung bei Gütern und Dienstleis­tungen. Somit werde die Europäisch­e Zentralban­k ihr Inflations­ziel von zwei Prozent auch bis 2025 keinesfall­s erreichen. Zinssenkun­gen: frühestens im zweiten Halbjahr 2024. Immerhin mit 0,6 Prozent Wachstum des Bruttoinla­ndsprodukt­es (BIP) in Österreich rechnet der Ökonom im kommenden Jahr.

Auch was die Baukonjunk­tur betrifft, wird Deuber konkret. Die Bauinvesti­tionen in Österreich werden laut seinen Berechnung­en um 18 Prozent zurückgehe­n. Im privaten Bereich sinkt die Nachfrage nach Immobilien­krediten. Bis 2025 dürften die Preise am Immobilien­markt laut Raiffeisen Research um zehn Prozent nachgeben. Die Leistbarke­it von Wohnraum in Kärnten sei aktuell ein Standortvo­rteil.

Gut entwickelt sich laut Deuber der Österreich­ische Außenhande­l. „Wir verzeichne­n heuer ein gutes Exportwach­stum im Gegensatz zu den Importen – das stärkt die Wirtschaft.“

Österreich­ische Staatsanle­ihen werfen laut Deuber aktuell wieder Renditen im Bereich von drei bis 3,5 Prozent ab. Anleihen von privaten Schuldnern weisen höhere Verzinsung­en auf. Sein Tipp: „Mittelfris­tig können festverzin­sliche Veranlagun­gen eine reale Rendite bieten, also eine Verzinsung über der Inflation.“

Eva Gabriel

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