Minnesota und Rossi mit zweitem Sieg
Familie, seine Freunde standen ihm zur Seite. „Am Ende muss man da selbst raus“, sagt der Vorarlberger, der mittlerweile seine siebente Saison beim Erstligisten Ambri-Piotta im Tessin spielt.
Der Hintergrund? Binnen weniger Wochen erlitt der Stürmer im Frühling 2022 zwei harte Checks, trug jeweils eine Gehirnerschütterung davon. Zuerst im Play-off gegen Lausanne, als ihn 1,93-Meter-Hüne Fabian Heldner von den Eisen holte. „Da wurde es erst einmal finster“, sagte er in der MySports-Dokumentation „Zwischen Himmel und Hölle“. Kaum davon erholt erwischte ihn NHL-Verteidiger Moritz Seider im abschließenden Test vor der WM in Tampere gegen Deutschland. Und damit begann ein Leidensweg, der in Summe über ein Jahr angedauert hatte. as folgte, war ein „Horror-Sommer“, wie es Zwerger formuliert. Die Zeit, die er eigentlich für Regeneration und Aufbau-Training verwenden hätte sollen, verbrachte der Torjäger zumeist im Bett. Diagnose: Gehirnerschütterung. Ähnliches erlebte auch KAC-Profi Johannes Bischofberger. Diese Verletzung bildet nach wie vor ein großes Mysterium. Sie gilt als sehr individuell und ist vermutlich auch deshalb so schwer zu erforschen. Beinahe jeder Patient entwickelt eigene Symptome, eigene
Ängsderungen
WVor über 21.000 Fans haben die Minnesota Wild mit Österreichs NHL-Legionär Marco Rossi einen 5:2-Erfolg bei Montreal gefeiert. Der Vorarlberger stand 13:56 Minuten auf dem te und im Genesungsprozess eigene Hürden, die er bewältigen muss.
Und auch das Krankheitsbild ist vielfältig: Kopfschmerzen, Schwindel, Augenflimmern, Übelkeit bis hin zu Konzentrationsund/oder Gedächtnisstörungen. Im schlimmsten Fall erwischt einen eine Kombination aus alldem. Mittlerweile herrscht diesbezüglich höchste Alarmstimmung, hervorgerufen durch drei Buchstaben: „CTE“(chronisch traumatische Enzephalopathie) – Schläge auf den Kopf führen zu einer degenerativen Erkrankung des Gehirns. Ein „concussion protocol“führt in verantwortungsvollen Sportligen dazu, eine zu frühe Rückkehr in den ProfiSport und damit bleibende Schäden zu verhindern. werger legte irgendwann die Symptome ab, die ihn gehindert hatten, ernsthaft Eishockey zu spielen. Er stieg wieder in den Profi-Alltag ein. Geblieben sind mentale Probleme in Form von Panikattacken, wie er erzählt. „Ich bin ins Bett gegangen und war mir nicht sicher, ob ich am nächsten Tag wieder erwache. Ich hatte Angst, dass ich sterbe. Das war so schlimm, das wünsche ich meinem größten Feind nicht.“In der Saison 2022/23 war er nur Passagier, brachte es dennoch auf 26 Scorerpunkte. Doch das Jahr lief an ihm vorbei. Er schaffte es nicht, seinen Stempel aufzudrücken – wie man es von Zwerger gewohnt ist: „Ich war nie ich selbst.“
Seine Ehefrau Erica versuchte ihn, bestmöglich zu unterstützen. Doch auch sie sah sich mit
psychischen Herausforseine
ZEis, blieb aber ohne Scorerpunkt. Kurios: Drei Treffer erzielte Rossis Team in Überzahl, zwei in Unterzahl. Es war für die „Wild“der zweite Saisonsieg. konfrontiert. „Ich konnte beobachten, wie ich meinen Ehemann und Vater unseres Kindes Schritt für Schritt verliere. Ich konnte nichts dagegen tun.“Ihr blieb nur, für ihn da zu sein. „Sie sagte, dass alles gut wird. Die Hoffnung kam zurück, dass dieser Zustand nicht für immer bleibt.“
Zwerger nahm sich professionelle Hilfe und lernte seine Gefühle zu deuten, zu lenken, zu kontrollieren. „Aber wie gesagt: Im Endeffekt muss man da alleine raus“, sagt der Angreifer, der bereits 198 Scorerpunkte für die „Biancoblu“erzielen konnte. Nach einer Schulterverletzung, die zur achtwöchigen Pause zwang, ist der 27-Jährige jetzt zurück. Vergangenes Wochenende feierte er sein Comeback. Zwerger, dessen Vertrag im Frühling ausläuft, fühlt sich stärker als je zuvor: „Ich habe zehn Kilogramm weniger auf den Rippen.“ie Vertragsverhandlungen (beginnen in der Schweiz naturgemäß sehr früh) liegen vorerst auf Eis. Aus Fairness, wie er betont. „Ich möchte zuerst zeigen, dass ich wieder Eishockey spielen kann. Das bin ich Ambri-Piotta schuldig. Dann wird sich mein Agent darum kümmern“, erklärt Zwerger, der gegen Genf (3:5) bereits anschreiben konnte. Etwa 950 Einwohner zählt der Ort Quinto im Schweizer Tessin, wo Ambri Piotta mit der Gottardo-Arena über eine nagelneue, rund 7000 fassende Heimstätte verfügt. Und weil hier Dorfcharakter gelebt wird, muss niemand durch schwierige Zeiten alleine. Schon gar nicht in den langen, klirrend kalten Winternächten.
DMarco Rossi