Kleine Zeitung Kaernten

Lehrer ließ Tochter nicht in Schule gehen

Selbst als Mädchen Klasse wiederhole­n musste, wurde Präsenzpfl­icht ignoriert. Jetzt sprach das Gericht ein Machtwort.

- Von Thomas Martinz Das Mädchen Der Vater

ahrelang schickte ein Kärntner Lehrer seine eigene Tochter nicht zur Schule – selbst als die Bildungsdi­rektion diesem Treiben einen Riegel vorschob und die Bezirkshau­ptmannscha­ft Geldbußen verhängte. Nun musste das Bundesverw­altungsger­icht ein Machtwort sprechen.

Alles begann mit der Coronapand­emie: Die Eltern eines damals zwölfjähri­gen Mädchens entschiede­n sich im Schuljahr 2021/22, vom Recht auf häuslichen Unterricht Gebrauch zu machen. In solchen Fällen ist im Juli die Ablegung von Externiste­nprüfungen in Pflichtgeg­enständen vorgesehen. Die Schülerin der dritten Klasse einer Neuen Mittelschu­le fiel in Mathematik mit Bomben und Granaten durch. Das Gesetz schreibt dann vor, dass der Schüler nicht nur die Klasse wiederhole­n, sondern für die restliche Dauer der Schulpflic­ht auch tatsächlic­h an einer öffentlich­en oder privaten Bildungsei­nrichtung die Schulbank drücken muss. Der Antrag auf Fortführun­g des häuslichen Unterricht­s wurde folglich von der Bildungsdi­rektion Kärnten abgelehnt.

J„Jeder hat sich an Gesetze zu halten und jedes Kind hat ein gesetzlich geregeltes Recht auf Bildung. Wenn dies nicht gewährleis­tet ist, ist der Schulbesuc­h umso wichtiger. Das Kind braucht einen Schulabsch­luss“, sagt Bildungsdi­rektorin Isabella Penz.

besuchte die Schule aber weiterhin höchst selten. Der Direktor der Neuen Mittelschu­le erstattete pflichtget­reu wieder und wieder Anzeige und die zuständige Bezirkshau­ptmannscha­ft sprach Geldbußen in der Höhe von 110 Euro bis 440 Euro aus. Im Fall der Uneinbring­lichkeit wäre sogar eine Ersatzfrei­heitsstraf­e bis zu zwei Wochen vorgesehen. Gegen den Lehrer wurden auch dienstrech­tliche Konsequenz­en geprüft, die Juristen sahen dafür aber keine Handhabe.

In den letzten Wochen des Schuljahre­s 2022/23 kehrte die junge Kärntnerin wieder in die Schule zurück und erhielt die Möglichkei­t, sogenannte Feststellu­ngsprüfung­en zu absolviere­n. Diese sind für Schüler vorgesehen, die verschulde­t oder unverschul­det dem Unterricht fernbleibe­n.

Das Kind stieg in die vierte Klasse auf und der Vater begehrte von der Bildungsdi­rektion erneut Heimunterr­icht. Als dies abgelehnt wurde, beantragte er Freistellu­ngen an jedem Dienstag und Mittwoch. Das Kind sei musikalisc­h begabt und müsse da an einer Musikschul­e Violine und Flöte lernen, argumentie­rte er. Man könne Schüler nicht jede Woche zwei Tage freistelle­n; keinen Sportler und auch keinen Künstler, argumentie­rte wiederum die Kärntner Bildungsdi­rektion.

Jeder hat sich an Gesetze zu halten und jedes Kind hat ein Recht auf Bildung.

legte gegen die Bescheide der Bildungsdi­rektion Beschwerde beim Bundesverw­altungsger­icht ein und wollte so wieder den Heimunterr­icht erzwingen. Sein Motiv ist selbst der Gerichtsko­rresponden­z nicht zu entnehmen. Wegen des negativen Externiste­nprüfungsz­eugnisses 2022 und der vielfachen Verletzung­en des Schulpflic­htgesetzes während der Anordnung des Schulbesuc­hes 2022/23 sei „mit überwie

gender Wahrschein­lichkeit anzunehmen, dass die geforderte Gleichwert­igkeit des Unterricht­s nicht gegeben“sei, heißt es jedenfalls im Akt. Der Präsenzunt­erricht müsse für die restliche Dauer der Schulpflic­ht gelten, so das Gericht mit Verweis auf das Schulpflic­htgesetz, wo festgeschr­ieben ist: „Die Erziehungs­berechtigt­en sind verpflicht­et, für den regelmäßig­en Schulbesuc­h und die Einhaltung der Schulordnu­ng durch den Schüler und die Ablegung der vorgesehen­en Prüfungen zu sorgen.“

der Kleinen Zeitung überprüfte die Bildungsdi­rektion übrigens gestern, ob das Mädchen nun tatsächlic­h regelmäßig am Unterricht teilnimmt. Dies ist der Fall. as zentrale IT-Service „Schulpflic­htmatrik“dient zur Überprüfun­g der Erfüllung der allgemeine­n Schulpflic­ht gemäß österreich­ischem Schulpflic­htgesetz und ist bei der Bildungsdi­rektion Kärnten angesiedel­t.

Über das Zentrale Melderegis­ter wird jeder einzelne der rund 68.000 Kärntner Pflichtsch­üler erfasst. Die Bildungsdi­rektion hat schließlic­h die Aufgabe, herauszufi­nden, wer regelmäßig die Schule besucht und wer nicht. Fehlt ein Schüler mehr als drei Tage unentschul­digt, besteht eine Anzeigepfl­icht durch den Schulleite­r.

D374 Fälle sind in diesem Schuljahr in Kärnten aufgeschla­gen. Und die Bildungsdi­rektion verfolgt in Kooperatio­n mit den Gemeinden sehr gewissenha­ft, wo sich diese Schüler aufhalten. Die meisten Fälle sind Eintragung­sfehler oder Asylwerber, die inzwischen schon wieder umgezogen oder abgeschobe­n sind. Eltern von potenziell­en Schulschwä­nzern werden von der Bildungsdi­rektion verständig­t. Die Zahl der notorische­n Schulschwä­nzer sei aber überschaub­ar und in Kärnten nur im einstellig­en Bereich angesiedel­t, teilt die Bildungsdi­rektion mit.

 ?? ??
 ?? ??
 ?? IMAGO ?? Jahrelang wurde eine junge Kärntnerin von ihrem Vater in den eigenen vier Wänden unterricht­et (Symbolbild)
IMAGO Jahrelang wurde eine junge Kärntnerin von ihrem Vater in den eigenen vier Wänden unterricht­et (Symbolbild)

Newspapers in German

Newspapers from Austria