Pleitewelle treibt Schulden nach oben
Passiva steigen von 13 auf 208 Millionen Euro. Zwei weitere Ilgenfritz-Firmen pleite.
eit Jahresbeginn jagt in Kärnten eine Insolvenz die andere. Laut aktueller Hochrechnung des KSV1870 verzeichnet das Bundesland mit 107 insolventen Firmen im ersten Quartal 39 Prozent mehr Pleiten als im Vorjahr. „In Kombination mit den Entwicklungen im Vorjahr ist ein Anstieg im Bereich der Firmenpleiten im ersten Quartal 2024 jedenfalls erwartbar gewesen“, zeigt sich Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin von KSV1870-Standort in Klagenfurt, wenig überrascht.
Kärnten liegt im Österreichvergleich bei den Zuwächsen auf
Platz vier nach dem Burgenland, Oberösterreich und Vorarlberg.
Die Hälfte aller Unternehmensinsolvenzen entfallen auf die Branchen Beherbergung/Gastronomie, Handel und Bauwirtschaft. Laut KSV1870 seien die drei „die Sorgenkinder“der heimischen Wirtschaft.
Die Schuldensummen sind von 13 Millionen Euro im Jahr 2023 auf 208 Millionen Euro 2024 in die Höhe geschossen. Das ist ein Zuwachs von 1500 Prozent bei den Passiva. Verantwortlich ist dafür die Großinsolvenz rund um die ASAPGruppe, die vormals als Silent Yachts firmierte. Diese ist mit vorläufigen Passiva von 126 Millionen Euro für 60 Prozent der Schuldensumme verantwortlich. Die Insolvenzexpertin spricht aufgrund der Großinsolvenz von einem Ausreißer. Da es sich um vorläufige
SZahlen handelt und die Verfahren erst eröffnet wurden, besteht die Chance, dass die Zahlen auch noch nach unten revidiert werden können. Für den restlichen Jahresverlauf gibt Wiesler-Hofer keine Entwarnung und erwartet, dass das „Insolvenzgeschehen weiter Fahrt aufnehmen wird“. sind seit Mittwoch insolvent und scheinen damit diese Prognose zu untermauern. Seit rund zwei Wochen geht es beim Villacher Fleischereibetrieb Schlag auf Schlag. Nachdem drei Teilfirmen bereits in die Pleite geschlittert sind, wurden gestern über die Ilgenfritz Produktions GmbH und Ilgenfritz Vertriebs GmbH Konkursverfahren eröffnet. Die Passiva summierten sich bereits bei den ersten drei Ilgenfritz-Betrieben auf 9,1 Millionen Euro, zu denen nun weitere 7,6 Millionen Euro Schulden durch die zwei weiteren Pleiten dazu kommen. Zig Gläubiger und etliche Dienstnehmer sind betroffen. Laut Alpenländischen Kreditorenverband ist nicht klar, ob eine Fortführung der Unternehmen angedacht ist. In beiden Fällen wurde kein Sanierungsplan eingebracht. Über die Klagenfurter BIK Bau GmbH, die Teil des CPI-Konzerns ist, und die SWPutz Bau aus Bleiburg wurden gestern ebenfalls Insolvenzverfahren eröffnet.
von Gerichtsverfahren.“Dennoch werde die Bauindustrie auf die Kommunen zugehen, um gemeinsam Lösungen zu finden. Verhandlungen seien die bessere Alternative als „langwierige juristische Auseinandersetzungen und komplexe Schadenersatzverfahren“, sagt VIBÖ-Sprecher Wohlgemuth.
Er glaubt nicht, dass die von Gemeindeund Städtebund geschätzten Schadenssummen – mehrere Hundert Millionen Euro – stimmen. „Das können wir nicht nachvollziehen.“Zwar sei es derzeit unseriös, eine Zahl zu nennen, weil man nicht aus Einzelfällen einen Gesamtschaden hochrechnen könne, so der VIBÖ-Generalsekretär. Aber: „Wir gehen von deutlich niedrigeren Schadenssummen aus, da nur ein geringer einstelliger Prozentsatz aller Bauprojekte von diesen Absprachen betroffen war.“
Die Bauindustrie hat aus der Causa Baukartell gelernt, sagt Wohlgemuth. „Wir stehen zu unserer Verantwortung, haben unser Fehlverhalten aufgearbeitet und Vorsorgen getroffen, um in Zukunft ähnliche Vorgänge zu verhindern.“Wie? Alle Verbandsmitglieder haben den „VIBÖ-Collective Action Pact für fairen Wettbewerb und Wohlverhalten in der Bauindustrie“unterschrieben, so Wohlgemuth.
ist es, das Thema Compliance – die Einhaltung ethischer Standards – in den Unternehmen zu verankern. Kein Lippenbekenntnis, versichert Wohlgemuth. „Zu den getroffenen Maßnahmen zählen laufende Compliance-Schulungen für Mitarbeiter, die Einführung von Compliance-Verantwortlichen und Whistleblower-Hotlines sowie ein laufendes Reporting, um in Zukunft ähnliche Vorgänge zu verhindern.“
Aufgeflogen ist das Baukartell und das riesige Betrugssystem im Juni 2016: Damals haben Steuerfahnder bei einer Baufirma im Lavanttal in Kärnten einen roten Aktenordner beschlagnahmt. Darin waren viele manipulierte Bauprojekte in ganz Österreich aufgelistet.