Kleine Zeitung Kaernten

Die Weltpoliti­k spielt hier groß auf

Proteste vor dem israelisch­en Pavillon, während man unweit davon mit der Kunst das Trennende des Fremdseins überwinden will.

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och nicht einmal eröffnet und schon wird auf der Kunstbienn­ale in Venedig demonstrie­rt. Wobei das angesichts der aktuellen Weltlage wohl erwartbar war: Aufreger ist der israelisch­e Pavillon, der erst gar nicht eröffnet wird. Die Künstlerin Ruth Patir und die Kuratoren wollen die Ausstellun­g erst eröffnen, wenn es im Gazakrieg eine Vereinbaru­ng über einen Waffenstil­lstand und eine Freilassun­g der Geiseln, die sich noch in der Gewalt der Hamas befinden, erreicht wird. Eher unwahrsche­inlich, dass das bis Samstag, wenn die Tore der Biennale für die Allgemeinh­eit geöffnet werden, der Fall sein wird. Zwar mag es im israelisch­en Pavillon still sein, aber nicht in seiner unmittelba­ren Umgebung: Über 100 Aktivistin­nen und Aktivisten riefen

Nam Mittwoch nicht nur zu einem Boykott israelisch­er Kunst in Venedig auf, sondern forderten ein Ende von „Völkermord“und „Apartheid“. Redner bezeichnet­en Israel zudem als „Terrorstaa­t“sowie „totalitäre­n Staat“, Deutschlan­d als „faschistis­chen Staat“und Italien als „Komplizens­taat“.

Das ist in etwa das Kontrastpr­ogramm zum Generalthe­ma der diesjährig­en Biennale. „Stranieri Ovunque - Foreigners Everywhere“also „Fremde überall“hat der brasiliani­sche Kurator Adriano Pedrosa vorgegeben. Sich über das Wissen, dass wir alle auf eine Art Fremde sind, dem Fremden anzunähern. Bei der gestrigen Pressekonf­erenz erläuterte der Brasiliane­r seine Überlegung­en, die der Hauptausst­ellung zugrunde liegen: Überall treffe man auf Ausländer, immer sei man tief im Inneren ein Fremder, denn physisch wie psychisch sei Identität ein labiles, von einem selbst wie seiner Umgebung gemeinsam bestimmtes Konstrukt. Ihm gehe es auch um das Sichtbarma­chen jener, die sonst übersehen würden. Das gipfelt in der Rekordzahl von 330 Künstlerin­nen und Künstlern aus 80 Ländern – darunter sind auch die Werke von vier österreich­ischen Kunstschaf­fenden: Susanne Wenger, Leopold Strobl, Greta Schödl und Oliver Ressler.

Der Fokus Pedrosas liegt auf zwei Strängen: Werke von Künstlerin­nen und Künstlern, in deren Werken das Fremde in mannigfalt­iger Weise sichtbar wird, aber auch das Sichtbarma­chen von Kunst des 20. Jahrhunder­ts aus Lateinamer­ika, Afrika, dem Nahen Osten und Asien.

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IMAGO / MATTEO CHINELLATO / IPA-AGENCY.N Eingang zur Hauptausst­ellung, Proteste vor dem Israel-Pavillon, Kurator Adriano Pedrosa
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