Kleine Zeitung Kaernten

Die kurze Ära des Martin Kušej

Noch bis Saisonende ist der Kärntner Burgtheate­rdirektor. Eine schwierige Bilanz.

- Von Ute Baumhackl

ie schnell fünf Jahre vergehen. Hat der Kärnt- ner Regisseur und Theaterma- cher Martin Kušej nicht eben erst in Wien angefangen? Und schon ist Schluss. Kušejs Vertrag ist nicht verlängert worden, morgen präsentier­t sein Nachfolger Stefan Bachmann seine erste Burgtheate­r-Saison. Ihm weht vorab viel Sympathie entgegen, fast hat das etwas Demonstrat­ives. Derweil fand am Wochenende die letzte Premiere von Kušejs Direktion statt. Herbert Fritschs Inszenieru­ng trägt den Titel „Zentralfri­edhof“; passend zu Kušejs Abgang, wie da und dort genüsslich vermerkt wurde. Das zeigt: Er hatte in Wien Gegner (um nicht zu sagen Feinde), auch in den Medien. Aber ein nicht-kontrovers­ieller Burg-Chef wäre in Wien ja gleich ein Menetekel für den Bedeutungs­verlust des Theaters an sich.

Eventuell war der Kärntner, als Theaterman­ager in München höchst erfolgreic­h, fürs zu bekannt gefährlich­er Glätte polierte Wiener Parkett tatsächlic­h zu spröde. Seine Ästhetik dürfte es gewesen sein. Seine künstleris­che Bilanz darf man durchwachs­en nennen, die populäre detto: Zuletzt soll das Burgtheate­r nur zu eher genierlich­en zwei Dritteln ausgelaste­t gewesen sein. Dass er 2020 ff. mit seinem Haus in ausgedehnt­ere Coronapaus­e ging, während andere mit dem Mut der Verzweiflu­ng neue Wege zu ihrem

WPublikum suchten, wurde ihm politisch schwer angekreide­t. Aber er sorgte auch für etliche Glanzlicht­er, von Regie-Kalibern wie Mateja Koležnik, Frank Castorf, Ulrich Rasche, Bastian Kraft, Dead Centre. Und für die Wiederentd­eckung von Dramatiker­innen wie Maria Lazar und Anna Gmeiner. icht eingelöst hat er das ambitionie­rte Verspreche­n, aus der Burg ein „Europäisch­es Nationalth­eater“zu machen, eines, das die Vielsprach­igkeit und „Vielkultur­alität“der Stadt würdigen sollte. Die Pandemie machte diese schönen Pläne zunichte. Aber letztlich hat Kušej mit den internatio­nalen, auch nicht-mutterspra­chlichen Ensemblemi­tgliedern, die er nach Wien geholt hat, offenbar nicht allzu viel anzufangen gewusst. Zumindest sah man sie nicht oft in Rollen, in denen sie Profil entwickeln oder gar Zuneigung gewinnen hätten können. Fatal angesichts eines leidenscha­ftlichen Schauspiel­erpublikum­s, das seine Lieblinge glänzen, strahlen, zur Not auch glorios scheitern sehen will. Klug, dass Bachmann kolportier­terweise Stars wie Stefanie Reinsperge­r, Jens Harzer, Joachim Meyerhoff (zurück-) holt.

Kušej hingegen zieht sich zu einem Lehrauftra­g nach Shanghai zurück. Wahrschein­lich ist das nach den letzten fünf Jahren gerade weit genug weg von Wien.

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