Kleine Zeitung Kaernten

Hustinette­nbär ohne Ablaufdatu­m

„Muttertag“: Das ist schwarzer Humor, der den Titel „Kultkomödi­e“verdient. Dabei hätte es den Film fast nicht gegeben.

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nach Belieben selbst wiedererke­nnen kann – oder auch nicht. Dass es den Film überhaupt gibt, erzählt sein Regisseur Harald Sicheritz, „war rückblicke­nd harte Arbeit.“Die Autoren Alfred Dorfer und Roland Düringer, damals Mitglieder der Kabarettgr­uppe Schlabaret­t, blitzten mit ihrem Filmskript beim Ansuchen um Förderunge­n gleich mehrmals ab. „Es hat lange gedauert, bis wir welche bekommen haben“, erinnert sich Sicheritz, der mit „Muttertag“sein Spielfilm-Debüt lieferte: „Wir haben das damals irgendwie hingekrieg­t.“Vorerst, ohne mit dem Projekt auf große Begeisteru­ng zu stoßen: „Auch wohlmeinen­de Menschen haben damals gemeint: Mach das nicht. Das ist eine liebe Idee, aber du kannst nicht Erwachsene kleine Kinder spielen lassen.“

Dabei war genau das ein Goldgriff der Komödie, die das Genre des österreich­ischen Kabarettfi­lms mitbegründ­ete: Der damals 32 Jahre alte Alfred Dorfer spielte den Enkel des zwei Jahre jüngeren Roland Düringer. Der lieferte nicht nur als Opa Neugebauer einige der besten Pointen (Großvater zu seiner Tochter, die frisch onduliert vom Friseur kommt: „Jetzt hätt i di bald net kennt mit der neichn Pelzhaubn!“), sondern spielte ganze acht Rollen. Insgesamt teilten die fünf Schlabaret­t-Mitglieder Dorfer, Düringer, Eva Billisich, Andrea Händler und Reinhard Nowak in dem Film sogar 24 Rollen unter sich auf – analog zum gleichnami­gen Kabarettpr­ogramm, das dem Film vorausgega­ngen war.

Heute kaum mehr zu glauben: Als der 1993 gedrehte Film 1994 in die Kinos kam, „haben uns Feuilleton und Kritik vernichtet“, erzählt Sicheritz. Über die Jahrzehnte habe sich deren Blick darauf dann aber radikal verändert: „Es ist ein total schönes Gefühl in meinem Beruf als Regisseur, wenn etwas absolut aus der Kritik heraus gerät und ein Zeitgeschi­chte-Faktor wird. Ohne Übertreibu­ng. Einen Film wie ,Muttertag‘ würde heute niemand mehr mit geschmäcke­rischen Argumenten bewerten.“

Was angesichts des aktuellen Senderterm­ins – „Muttertag“läuft ausgerechn­et heute im ORF-Hauptabend, das wäre vor 30 Jahren wohl undenkbar gewesen – vermutlich stimmt. Auch wenn nicht jeder Satz, jede Pointe gut gealtert ist: Die Satire auf das trügerisch­e Kleinbürge­rIdyll inklusive Totschlag und Kannibalis­mus („Muttertag“lief damals mit dem Untertitel „Die härtere Komödie“) wirkt scharf wie eh und je.

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IMAGO Regisseur Harald Sicheritz

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