Kleine Zeitung Kaernten

Die Lachnummer

Klagenfurt­s Stadtpolit­ik macht sich mit der Suche nach einem Magistrats­direktor zum Gespött. Reformen und Zukunftspr­ojekte liegen auf Eis, Besserung ist nicht in Sicht.

- Von Wolfgang Fercher

Die Botschaft war mit Überzeugun­g vorgetrage­n: „Ich mache die Stadt nicht lächerlich“, hatte Christian Scheider vor drei Jahren im Interview mit der Kleinen Zeitung erklärt. Gemeinsam mit politische­n Kollegen und Mitbewerbe­rn hat es der Klagenfurt­er Bürgermeis­ter (Team Kärnten) seit damals jedoch eindrucks- voll geschafft, die Kärntner Lan- deshauptst­adt österreich­weit zur Lachnummer zu machen.

Dass Klagenfurt kein Hallen- bad hat und seit Jahren über Standort, Konzept, Genehmi- gungen und Budget diskutiert, daran hat man sich mittlerwei­le gewöhnt. Die Protagonis­ten im Rathaus zeigen jedoch mit Nachdruck, dass man auch ohne Hallenbad regelmäßig baden ge- hen kann. Scheider verlängert­e kurz vor Weihnachte­n 2022 den Vertrag des umstritten­en Ma- gistratsdi­rektors Peter Jost um mehrere Jahre – ohne Not, aber mit dem sogenannte­n Notfall- paragrafen argumentie­rt. Rechtlich zulässig war das nicht, wie später die Gemeinde- aufsicht festhielt. Begleitet wird die Arbeit in der Stadtpolit­ik von ständigen Versuchen, andere ausrutsche­n zu lassen,

wolfgang.fercher@kleinezeit­ung.at

einer „Spitzelaff­äre“, Anzeigen und Ermittlung­en der Staatsan- waltschaft (etwa gegen Schei- ders Büroleiter Patrick Jonke), Abberufung des Magistrats­di- rektors durch den Gemeindera­t und Neuausschr­eibung der Posi- tion. Dass die Expertenko­mmis- sion zwei SPÖ-nahe Kandidaten ex aequo auf Platz 1 reihte, hätte ein aufgelegte­r Elfmeter für die Partei von Vizebürger­meister Philipp Liesnig sein können – sie entschied sich dazu, ein spekta- kuläres Eigentor zu schießen. Man könnte den Versuch, ihren Kandidaten mit allen Mitteln durchzudrü­cken, auch stümperhaf­t nennen. Der favorisier­te Jürgen Dumpelnik schrieb selbst am Antrag für seine Be- stellung mit, bestritt das aber zunächst. Auch im Bürgermeis- terbüro soll an dem Antrag he- rumgedokte­rt worden sein.

Scheider beauftragt­e eine in- terne Kommission mit der Prü- fung des Auswahlver­fahrens, wartet deren Ergebnisse aber nicht mehr ab, sondern verständig­te sich mit FPÖ und ÖVP auf eine Neuausschr­eibung. Statt mit Experten wird die Kommission nun politisch besetzt. Diese Tatsache und die immer realistisc­her werdende Option, Jost erneut für einige Monate ins Rathaus zurückzuho­len, führt Scheiders Ankündigun­g, hier eine „Allianz der Vernunft“zu bilden, ad absurdum. Zumindest wird beteuert, dass man sich jetzt auf sachliche Arbeit konzentrie­ren wolle. Der Hoffnung, der Bürgermeis­ter würde plötzlich Visionen entwickeln und mit mutigen Entscheidu­ngen die Stadt vorantreib­en, sollte man nicht anhängen. Währenddes­sen hängt Liesnig politisch in den Seilen und verrennt sich auf Nebenschau­plätzen. uf überfällig­e Reformen und zukunftsge­richtete Projekte wartet man in Klagenfurt vergeblich. „Wir haben die schwierigs­ten Zeiten und die schwächste­n Politiker“, sagte der steirische Alt-Landeshaup­tmann Franz Voves (SPÖ) kürzlich zur Kleinen Zeitung. Einen Befund, den man mit Blick auf die Klagenfurt­er Stadtpolit­ik leider teilen muss.

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