Kleine Zeitung Steiermark

„Ich ging als Letzter von Bord“

Schwere Vorwürfe gegen den Schiffskap­itän Francesco Schettino (59).

- REUTERS ERNST HEINRICH

Francesco Schettino, der Kapitän des Unglückssc­hiffes

Über Nacht wurde Francesco Schettino einer der bekanntest­en Schiffskap­itäne der Welt. Aber auf seinen Ruhm hätte der 59-jährige Seemannwoh­l gern verzichtet. Denn nach ersten Ermittlung­en zur Havarie des Kreuzfahrt­schiffs „Costa Concordia“wirft die italienisc­he Staatsanwa­ltschaft Schettino „massives Fehlverhal­ten“vor. Der Kapitän habe das Schiff lange vor dem Abschluss der großen Evakuierun­gsaktion verlassen, sagte Staatsanwa­lt Francesco Verusio.

Der Kapitän wird sich voraussich­tlich wegen fahrlässig­er Tötung und Verlassen seines Schiffes verantwort­en müssen. Der Kurs des Luxusliner­s sei eindeutig „nicht richtig“gewesen, sagte der Staatsanwa­lt. Der Kapitän habe sich selbst auf der Brücke befunden und sei daher voll verantwort­lich für die Navigation.

Das bestreitet auch Schettino Werdegang: Ausbildung bei der Marine, langjährig­e Berufserfa­hrung zunächst auf Fracht-, dann auf Passagiers­chiffen. Zuletzt bei der Reederei „Costa Crociere“tätig, erst als Offizier, zuletzt als Kapitän. nicht. Aber er sagt: „Mein Schiff ist über einen in nautischen Karten nicht verzeichne­ten Felsen geschrammt.“Danach habe er die „Costa Concordia“möglichst nahe an die Insel Giglio heran manövriert, „um die Rettungsma­ßnahmen zu erleichter­n“.

Doch örtliche Fischer sagen, dass die Küste vor der Insel Giglio für ihren felsigen Untergrund bekannt sei. Einetatsac­he, von der auch die ausnahmslo­s italienisc­hen Offiziere auf dem Schiff, allen voran Kapitän Francesco Schettino, gewusst haben müssen.

Auch, dass er laut vielen Augenzeuge­n schon um 0.30 Uhr, also nur etwas mehr als drei Stunden nach der Kollision mit einem Felsen, von Bord gegangen sei, lange, bevor die letzten Passagiere geborgen wurden, bestreitet der Seemann: „Ich kenne meine Pflicht als Kapitän. Ich habe niemanden mehr an Bord gesehen und als Letzter das Schiff verlassen.“

Aber noch etwas muss der Unglückska­pitän den erhebenden Behörden nun erklären: Warum hat er nicht unmittelba­r nach dem Unfall den internatio­nalen Notruf „Mayday“ausgesandt, sondern zunächst – und auch das mit Verspätung – erst mit der Küstenwach­e in Livorno Kontakt aufgenomme­n?

Keine Frage: Auf Francesco Schettino kommen sehr schwere Zeiten zu.

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