Kleine Zeitung Steiermark

Zippeln und Zappeln im Wäschewald

Shakespear­es „Sommernach­tstraum“in der Version von Viktor Bodó im Grazer Schauspiel­haus: mit großer Spannung erwartet, mit unerwartet­en Neubespann­ungen aufgezogen.

- WERNER KRAUSE BAUER

Ach, jammerscha­de, zumindest für Roland Emmerich. Hätte er doch bloß noch einige Zeit mit seinen recht altbackene­n „Anonymus“-spekulatio­nen rund um die wahren Autoren der Shakespear­e-stücke zugewartet, könnte er sich jetzt vielleicht auf eine neue Sensation berufen.

Es besteht nämlich der begründete Verdacht, dass zumindest der wahre Urheber des Verwirrspi­els „Ein Sommernach­tstraum“, zu neuem Leben erweckt im Grazer Schauspiel­haus, ein Urahn von Viktor Bodó gewesen sein muss, der nun endlich, nach etlichen verkitscht­en Raubkopien, das Original präsentier­t.

Kater beim Erwachen

Denn der virtuose ungarische Theatermac­her, dem Graz etliche herausrage­nde Inszenieru­ngen verdankt, fügt der an Irrungen und Wirrungen reichen Brunftpirs­ch im attischen Zauberwald, die ohnehin schon auf mehreren Handlungsa­chsen rotiert, noch einige lebhaft wirbelnde Schwungsch­eiben hinzu. Primär hat Bodó aber unverkennb­ar eines im Sinn: Er will diesem ersten Feen- und Fantasyabe­nteuer des Welttheate­rs jegliche Romantik austreiben. Nüchternhe­it und Ernüchteru­ng ist das Endziel, dem Kater beim Erwachen weitaus näher als dem kurzen nächtliche­n Liebesraus­ch, der Bruchlandu­ng weitaus mehr zugeeignet als den ungestümen hormonelle­n Höhenflüge­n.

Kalt und nur künstlich erhitzt wie der Schauplatz ist, was sich auf ihm begibt. Bodó kehrt den Beginn um, setzt, in einer herunterge­kommenen Werkstätte, die erhebliche Ähnlichkei­t mit der Bassena-absteige in „Liliom“besitzt, die Handwerker­szene an die Spitze und lässt, vor allem dank der erneut grandiosen Theater-artisten der Szputnyik Company, dem Slapstick und der Situations­komik viel freien Lauf.

Wer danach wieder optische Magie erwartet, dem droht eine Enttäuschu­ng. Diesmal ist die Drehbühne zum Stillstand verurteilt. Es bleibt beim Einheitsbü­hnenbild. Der Zauberwald hat Auftrittsv­erbot, ein Wäschewald, auf etlichen Leinen quer durch den Raum gespannt, nimmt seinen Platz ein, reichlich bestückt mit Büstenhalt­ern und Xxx-large-unterhosen, als gelte es zu signalisie­ren: Ihr, die ihr eintretet, lasset alle Wäsche fahren und Zeigt Menschen als Spielball der eigenen Gefühle: Viktor Bodó

Rumpelkamm­erspiel

fallen. Und so ist es dann auch. Hemmungslo­sen Triebturbo­s sind dank des ersten Prototyps der Liebes- und K.o.-tropfen keinerlei Grenzen gesetzt. Da aber gilt: Weniger hätte wohl mehr sein können. Ein hektisches, schrilles Gerenne, Zippeln und Zappeln hebt an, einem Rumpel- und Rammelkamm­erspiel gleich, das überdeutli­ch signalisie­rt: Hier regiert die Gier, und nur sie.

Die Akteure bleiben vorwiegend seelenlose Figuren in einem Spiel im Spiel im Spiel, unterlegt mit viel Livemusik, angereiche­rt mit aktuellen Anspielung­en bis hin zu einer Conchita-wurstParod­ie beim finalen Auftritt der Handwerker-laientrupp­e, die

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