Heute strahlt in Zwentendorf nur die Sonne
Österreich hat das einzige Atomkraftwerk der Welt, das nie in Betrieb ging. Jetzt steht dort die größte Fotovoltaikanlage des Landes.
Ein Atomkraftwerk in Österreich? „Nein, das gibt es nicht“, werden jüngere Menschen kopfschüttelnd antworten. Doch das ist falsch: Es gibt ein Atomkraftwerk, und zwar im niederösterreichischen Zwentendorf. DerUnterschied zu anderen Anlagen: Zwentendorf ging nie in Betrieb, und zwar als einziges Atomkraftwerk derWelt.
Der Bau des Kernkraftwerkes begann am 4. April 1972. Im Zuge der Errichtung wurden die Bedenken in der Bevölkerung immer größer, auch Politiker diskutierten heftig über die Notwendigkeit der Atomkraft für Österreich. Der heutige Industrielle und damalige SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch meinte etwa im Jahr 1977: „Zwentendorf nicht in Betrieb zu nehmen, wäre ökonomischerWahnsinn.“
Am 5. November 1978 kam es schließlich zu einerVolksabstimmung, ob das Kernkraftwerk in Betrieb gehen sollte oder nicht. Mit extrem knapper Mehrheit lehnte die Bevölkerung die Inbetriebnahme ab: Genau 50,47 Prozent stimmten gegen Zwentendorf. Kurz darauf kam es zum Atomsperrgesetz. Dieses besagt, dass in Österreich kein Atomkraftwerk ohne Volksabstimmung gebaut werden darf.
Atomfreiheit
Viele Jahre später, im Jahr 1999, wurde das Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich beschlossen. Demnach dürfen keine Kernkraftwerke errichtet und bereits errichtete nicht in Betrieb genommen werden.
Trotz allem liefert Zwentendorf 34 Jahre nach der Volksabstimmung Strom, der jedoch nichts mit Atomkraft zu tun hat. Vielmehr steht dort die größte Fotovoltaikanlage Österreichs. Im Jahre 2009 wurde der Strom erstmals ins Netz des niederösterreichischen Energieversorgers EVN eingespeist.
Außerdem dient die Anlage als Ersatzteilspender für die drei baugleichen deutschen Kernkraftwerke Isar 1, Brunsbüttel und Philippsburg 1. Es wird auch zu Ausbildungszwecken für die deutscheKraftwerksschule in Essen genutzt. Führungen durch das Kernkraftwerk sind ebenfalls sehr gefragt, sie sind bis zum Dezember 2012 ausgebucht.
Das Kraftwerk war zwischendurch auch Schauplatz großer Kulturveranstaltungen. So ging dort zwischen 1999 bis 2002 jährlich ein Musikfestival über die Bühne, und erst dieser Tage ging dort das „Tomorrow“-Musikfestival zu Ende.