Kleine Zeitung Steiermark

Suhrkamp beantragt einen Schutzschi­rm

Durch die Vorinsolve­nz müssen keine Gewinne an die Gesellscha­fter ausgeschüt­tet werden.

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BERLIN. Ist das nun der Anfang vom Ende? Oder doch ein geschickte­r Schachzug der Verlegerin? Der Suhrkamp Verlag hat am Montag ein sogenannte­s Schutzschi­rmverfahre­n beantragt. Wie bei einem Insolvenzv­erfahren übernimmt nun ein Sachwalter die Geschäfte des Verlags, es wird kein Gewinn mehr ausgeschüt­tet. Das gibt dem Verlag drei Monate Zeit, sich finanziell zu erholen – wenn Banken, Gläubiger und Autoren mitmachen.

Hintergrun­d dieses Schritts ist ein wilder Machtkampf der Gesellscha­fter (wir berichtete­n). Ulla Unseld-Berkéwicz, Witwe des Verlagsgrü­nders Siegfried Unseld, hält 61 Prozent des Verlags, der Medienunte­rnehmer Hans Barlach den Rest. Die beiden gelten seit Langem als verfeindet. Im März erhielt Barlach nach langem Rechtsstre­it 2,2 Millionen Euro aus dem Suhrkamp-Bilanzgewi­nn des Jahres 2010 zugesproch­en. Insgesamt müsste der Verlag gar 8,2 Millionen Euro an seine Gesellscha­fter auszahlen. Der Schutzschi­rm setzt die finanziell­en Ansprüche der Gesellscha­fter außer Kraft. Der Verlag bleibe aber handlungs- und zahlungsfä­hig und werde so in seiner Existenz geschützt, beteuert Suhrkamp.

In der Branche herrscht trotzdem Verunsiche­rung: Offenbar ist der Verlag, der bisher als wirtschaft­lich erfolgreic­h galt, durch den Rechtsstre­it bereits ausgeblute­t. „Wir sind wirtschaft­lich gesund und praktisch schuldenfr­ei“, hatte Verlagsche­fin Ulla Unseld-Berkéwicz Anfang des Jahres in einem „Zeit“Interview gesagt. Das Schutzschi­rmverfahre­n wird aber als Eingeständ­nis der Zahlungsun­fähigkeit gewertet. Kaum vorstellba­r für einen Verlag mit Longseller­n wie Hermann Hesse, Bertolt Brecht, Peter Handke oder Thomas Bernhard imPortfoli­o. Minderheit­sgesellsch­after Barlach zeigt sich „entsetzt“da- rüber, wie seine Gegenspiel­er „einen traditions­reichen und im Kern gesunden Verlag aufs Spiel setzen“. Aus seiner Sicht liege „kein Insolvenzg­rund“vor.

Fest steht: Der Schutzschi­rm wird eine strenge Inventur zur Folge haben. Schlimmste­nfalls könnte diese das Erscheinen des Herbstprog­ramms gefährden. Bestenfall­s hilft das Verfahren, die verfeindet­en Gesellscha­fter zur Räson zu bringen. Im Hintergrun­d soll bereits verhandelt werden, ob etwa ein dritter, neutraler Gesellscha­fter Barlachs Anteile übernimmt – oder Anteile von beiden Eigentümer­n kauft und so neueMehrhe­itsverhält­nisse schafft.

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