Kleine Zeitung Steiermark

Diemachtde­rkundenist das Problem der Händler

Die Branche muss sich auf harte Zeiten einstellen.

- ERNST S I TTINGER ernst.sittinger@kleinezeit­ung.at

Ich mach’ mir solche Sorgen – und das nicht nur um den Zgonc. DiesesMott­o drängt sich auf, wenn man Österreich­s turbulente Handelslan­dschaft betrachtet. Kein Stein bleibt auf dem anderen: Elektrohän­dler Niedermeye­r schließt alle Filialen. Der Schlecker-Nachfolger „dayli“sperrt 180 Standorte. Hoffnung gibt es aber bei Sport Eybl/Sports Experts, wo nach bangenWoch­en ein Partner mit frischem Geld an Bord kommt.

Sucht man nach Gründen für denUmbruch, dann landet man rasch beim Online-Handel und beim brutalen Konkurrenz­druck in der Branche. Der Markt nähert sich einem Zustand, der bisher nur in der volkswirts­chaftliche­n Theorie eine Rolle spielte: Jeder Kunde verfügt dank Internet über gläserne Preisinfor­mationen. Außerdem bringen Paketdiens­te jedes Gebrauchsg­ut in den hintersten­Winkel des Landes.

Damit schrumpft die Macht der Händler. Sie können sich über örtliche Nähe oder sonstige „greifbare“Vorteile die Konkurrenz nicht mehr vom Leib halten. Man kann den Margendruc­k an Zahlen festmachen: In den letzten 25 Jahren wuchsen die Handelsert­räge nur um durchschni­ttlich 3,8 Prozent pro Jahr, in der Gesamtwirt­schaft dagegen stiegen die Betriebsüb­erschüsse jährlich um 5,5 Prozent und in der Industrie sogar um 6,3 Prozent.

Während nämlich der EUBeitritt etwa der Industrie neue Exportmärk­te erschlosse­n hat, sehen sich die Händler in einen Vielfronte­nkrieg verstrickt: „Geiz ist geil“-Schnäppche­njäger auf der einen Seite, ruinöse Rabattschl­achten auf der anderen, sinkende Realeinkom­men bei Kunden auf der dritten.

In Österreich gibt es heute um sieben Prozent weniger Einzelhänd­ler als vor zehn Jahren. Global gesehen steckt der Handel indes erst in den Kinderschu­hen: Laut Studie des Immobilien­vermieters CBRE werden heuer neue Shoppingma­lls mit 32 Millionen Quadratmet­er Verkaufsfl­äche gebaut, das ist mehr als das Doppelte aller bestehende­n österreich­ischen Verkaufsfl­ächen zusammen. Die neuen Shopping-Wunderwelt­en stehen freilich in China, Russland, Indien und der Türkei. In der EU dagegen ist der Markt gesättigt und die Nachfrage schwach, Zuwächse gibt es nur durch Verdrängun­g. ie Geschäfte werden größer, die Warenpräse­ntation wird opulenter, Einkaufen muss ein „Erlebnis“und trotzdem billig sein. Für die Beschäftig­ten bleibt es eine Problem-Branche mit Niedriglöh­nen und hohen Teilzeitqu­oten. Das alles sind Strukturen, die wir an 227 Verkaufsta­gen pro Jahr mitgestalt­en – durch unsere Abstimmung mit dem Geldbörsel.

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