Diemachtderkundenist das Problem der Händler
Die Branche muss sich auf harte Zeiten einstellen.
Ich mach’ mir solche Sorgen – und das nicht nur um den Zgonc. DiesesMotto drängt sich auf, wenn man Österreichs turbulente Handelslandschaft betrachtet. Kein Stein bleibt auf dem anderen: Elektrohändler Niedermeyer schließt alle Filialen. Der Schlecker-Nachfolger „dayli“sperrt 180 Standorte. Hoffnung gibt es aber bei Sport Eybl/Sports Experts, wo nach bangenWochen ein Partner mit frischem Geld an Bord kommt.
Sucht man nach Gründen für denUmbruch, dann landet man rasch beim Online-Handel und beim brutalen Konkurrenzdruck in der Branche. Der Markt nähert sich einem Zustand, der bisher nur in der volkswirtschaftlichen Theorie eine Rolle spielte: Jeder Kunde verfügt dank Internet über gläserne Preisinformationen. Außerdem bringen Paketdienste jedes Gebrauchsgut in den hinterstenWinkel des Landes.
Damit schrumpft die Macht der Händler. Sie können sich über örtliche Nähe oder sonstige „greifbare“Vorteile die Konkurrenz nicht mehr vom Leib halten. Man kann den Margendruck an Zahlen festmachen: In den letzten 25 Jahren wuchsen die Handelserträge nur um durchschnittlich 3,8 Prozent pro Jahr, in der Gesamtwirtschaft dagegen stiegen die Betriebsüberschüsse jährlich um 5,5 Prozent und in der Industrie sogar um 6,3 Prozent.
Während nämlich der EUBeitritt etwa der Industrie neue Exportmärkte erschlossen hat, sehen sich die Händler in einen Vielfrontenkrieg verstrickt: „Geiz ist geil“-Schnäppchenjäger auf der einen Seite, ruinöse Rabattschlachten auf der anderen, sinkende Realeinkommen bei Kunden auf der dritten.
In Österreich gibt es heute um sieben Prozent weniger Einzelhändler als vor zehn Jahren. Global gesehen steckt der Handel indes erst in den Kinderschuhen: Laut Studie des Immobilienvermieters CBRE werden heuer neue Shoppingmalls mit 32 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche gebaut, das ist mehr als das Doppelte aller bestehenden österreichischen Verkaufsflächen zusammen. Die neuen Shopping-Wunderwelten stehen freilich in China, Russland, Indien und der Türkei. In der EU dagegen ist der Markt gesättigt und die Nachfrage schwach, Zuwächse gibt es nur durch Verdrängung. ie Geschäfte werden größer, die Warenpräsentation wird opulenter, Einkaufen muss ein „Erlebnis“und trotzdem billig sein. Für die Beschäftigten bleibt es eine Problem-Branche mit Niedriglöhnen und hohen Teilzeitquoten. Das alles sind Strukturen, die wir an 227 Verkaufstagen pro Jahr mitgestalten – durch unsere Abstimmung mit dem Geldbörsel.
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