Kleine Zeitung Steiermark

Die größte Geldwäsche aller Zeiten

Seit 2006 sollen Cyber-kriminelle 4,6 Milliarden Euro aus dunklen Geschäften mithilfe der eigens gegründete­n Internetba­nk Liberty Reserve in Costa Rica reingewasc­hen haben.

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Als ein Ermittler ein Benutzerko­nto bei Liberty Reserve einrichtet­e, dürfte er nicht schlecht gestaunt haben. Das System akzeptiert­e alle Einträge, so unsinnig sie auch sein mochten, ohne Widerspruc­h. Er nannte sich „Joe Schwindler“, gab seine Adresse mit „Gefälschte Hauptstraß­e 123, New York“an und notierte als Überweisun­gszweck „Für Kokain“.

Der Beamte war im System – und die US-Finanzbehö­rden hatten einen Beleg mehr für ihre These, dass der Online-Bezahldien­st inWirklich­keit eine gigantisch­e Geldwascha­nlage ist.

Mehr als sechs Milliarden USDollar aus illegalen Geschäften seien in den vergangene­n Jahren über das System von Liberty Reserve gewaschen worden, sagt die New Yorker Staatsanwa­ltschaft und glaubt, einen spektakulä­ren Fall von Cyber-Kriminalit­ät aufgedeckt zu haben. Der Internetdi­enst mit Sitz in Costa Rica sei „die Bank für die kriminelle Unterwelt“gewesen.

Damit ist vorerst Schluss. Das Unternehme­n, das weltweit mehr als eine Million Kunden hat, ist vom Netz. Der Firmengrün­der Arthur Budovsky und vier andere Verdächtig­e sind festgenomm­enworden. Über das System, das anders als herkömmlic­he Banken keiner staatliche­n Kontrolle unterlag, konnten Kriminelle auf der ganzenWelt umfangreic­he Finanztran­saktionen in völliger Anonymität vornehmen.

55 Millionen Transaktio­nen

Der Anklagesch­rift zufolge liefen seit 2006 etwa 55 Millionen Transaktio­nen über Liberty Reserve.

Das System: Jeder konnte sich unter falschem Namen ein Konto anlegen. Echtes Geld wurde dann in sogenannte LR-Einheiten umgetausch­t, innerhalb des LibertyRes­erve-Systems mehrfach verlagert und am Ende wieder in reguläres Geld verwandelt. Der Betreiber des Online-Bezahldien­stes machte dabei offenbar große Kasse. Er kassierte ein Prozent Provision pro Transaktio­n.

Die Anklagebeh­örde vermutet, dass das Geld aus Kreditkart­en- und Anlagebetr­ug stammte, aus dem Handel mit Drogen und Erlösen aus Kinderporn­ografie. Auch die Computerha­cker, die vor wenigen Monaten weltweit 45 Millionen US-Dollar durch manipulier­teKreditka­rten ergaunert haben, sollen den LibertyRes­erve-Dienst genutzt haben.

Nach Ansicht von Experten ist der Schlag gegen Liberty Reserve ein Zeichen für die Entschloss­enheit der US-Regierung, das Internet stärker als bisher zu kontrollie­ren. Sollten die Vorwürfe gegen Liberty Reserve vor Gericht Bestand haben, dann hätten die Behörden bessere Argumente in der Hand, um zumindest gegen den Missbrauch von Digitalwäh­rungen vorzugehen.

Der New Yorker Staatsanwa­lt Preet Bharara sagte, die Ermittlung­en in dem Fall liefen seit Ende 2011. Die US-Ermittler hätten mit Behörden aus 17 Staaten auf der ganzen Welt zusammenge­arbeitet. Bharara sprach von Wild-West-Methoden im Internetba­nking. Kriminelle in diesem Segment agierten zunehmend global.

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