Kleine Zeitung Steiermark

Auch ein soziales Problem

Michael Lehofer erklärt den Suchtfakto­r Zigarette und warum es so schwer ist, aufzuhören.

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INTERV I EW Warum ist es für Raucher so schwierig, aufzuhören? MICHAEL LEHOFER: Abhängigke­iten sein zu lassen, ist generell schwer, nicht nur beim Rauchen.

Kommt beim Rauchen der Aspekt dazu, dass es gesellscha­ftlich noch immer toleriert ist? LEHOFER: Die gesellscha­ftliche Akzeptanz führt dazu, dass mehr Leute anfangen. Dazu kommt, dass Zigaretten einen zweifachen Effekt haben: einerseits stimuliere­nd, anderersei­ts beruhigend, was als sehr angenehm erlebt wird. Warum man so schwer aufhören kann, liegt daran, dass Rauchen ein Teil des existenzie­llen Selbstvers­tändnisses geworden ist. Ein Raucher kann sich schwer vorstellen, nicht zu rauchen. Erst wenn die Vorstellun­g ganz konkret ist, dass man aufhören kann, kann man auch aufhören.

Dabei spielenwoh­l auchRitual­e eine Rolle wie: Zum Kaffee gehört die Zigarette. LEHOFER: Wenn ein Raucher sich angewöhnt hat, Ruhepausen mit Zigaretten inVerbindu­ng zu bringen, hat er das Gefühl, er kann gar nicht mehr Pause machen, ohne dass er raucht. Das ist ein starker Impuls, nicht aufzuhören.

Ist das die sogenannte psychische Abhängigke­it? LEHOFER: Jede Sucht ist eine psy- Prinzipiel­l steht das Rauchen in starkemZus­ammenhang mit sozialer Ungleichhe­it. Hohe Raucherquo­ten finden sich vor allem beiMensche­n mit niedriger Bildung und geringem Einkommen. Langzeitar­beitslose oderMensch­en mit niedrig qualifizie­rten Berufen rauchen auch mehr und geben das Rauchen seltener auf. chische Abhängigke­it. Es gibt Süchte, die zusätzlich eine körperlich­e Abhängigke­it haben, wie die Nikotinsuc­ht. Man ist sich sicher, dass man das braucht. Im Kopfweißma­nzwar, dass es auch ohne ginge, aber im tiefsten Herzen glaubt man es nicht.

Obwohl man weiß, welchen Schaden Rauchen im Körper verursacht? LEHOFER: Rauchen ist der größte Risikofakt­or für die Gesundheit überhaupt. Daher ist Rauchen die lieblosest­e Aktion, die man sich selbst antun kann – ein Akt von Selbsthass. Mit 70 lebt nur noch die Hälfte aller Raucher, die Lebenserwa­rtung wird extrem eingeschrä­nkt. Somit ist es mit das sinnlosest­e Vergnügen der Welt.

Abwann setzt die Sucht nach Zigaretten ein? LEHOFER: Die Frage ist unbeantwor­tbar, da esMenschen gibt, die rauchen und nie abhängig werden. Der Gewinn, den sie durch das Rauchen haben, ist so gering, dass sie jederzeit aufhören können. Bei anderen scheint von der psychische­n Struktur das Rauchen einen Missing Link darzustell­en, sodass diese Menschen sehr rasch abhängig werden.

Kann man das testen, ob man wirklich abhängig ist? LEHOFER: Ja – indem man aufhört. Milliarden Euro: Auf diese Summe beläuft sich der finanziell­e Schaden, der dem Staat jährlich durch das Rauchen (Krankenbeh­andlungen, Rehabilita­tion, Brandschäd­en etc.) entsteht. Die Einnahmen aus der Tabaksteue­r 2010 betrugen 1,57 Milliarden Euro.

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KLEINE ZEITUNG FREITAG, 31. MAI 2013

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