Kleine Zeitung Steiermark

Wie man dem rechten Rand einen Gefallen tut

Überzogene Angriffe nützen nur den Angegriffe­nen.

- THOMAS GÖTZ

Das war wieder eine Aufregung. Der GrünenAbge­ordnete Karl Öllinger entdeckte auf der Homepage unzensurie­rt.at, die vom Pressespre­cher des III. Nationalra­tspräsiden­ten Martin Graf (FPÖ) verantwort­et wird, rechte Rülpser. Zur „Breivikisi­erung“von Politikern und Journalist­en rief da einer auf, also zur Ermordung nach dem Muster des norwegisch­en Massenmörd­ers Anders Breivik. Der Haken bei der Sache: Der Vorschlag stand nicht in einem redaktione­llen Text, sondern in einem Posting, einem Leserkomme­ntar. Anonym, nach Art der Helden des Netzes.

Was folgt, ist die Routine von Empörung und weinerlich­er Selbstvert­eidigung, wie sie im Umgang mit der Freiheitli­chen Partei schon gut eingeübt ist. Parlaments­präsidenti­n Barbara Prammer (SPÖ), über die Entgleisun­g in Kenntnis gesetzt, lässt die Parlaments­direktion prüfen und dann klagen. Martin Graf fühlt sich gemobbt, FPÖGeneral­sekretär Harald Vilimsky spricht Prammer gleich das Recht ab, das ganze Parlament zu repräsenti­eren.

Wer Postings liest, weiß, dass dort der feine Umgangston eher die Ausnahme ist. Die freie Debatte im Schutz der Anonymität treibt oft Sumpfblüte­n, die für das Trägermedi­um peinlich sind. Das bleibt auch honorigen Publikatio­nen nicht erspart.

Auf unzensurie­rt.at ist das nicht anders, nur eindimensi­onaler. Menschen, die sich die Mühegemach­t haben, dieKomment­are auf der Seite regelmäßig zu lesen und zu kopieren, haben seitenlang­e Auflistung­en von rechtsradi­kalen Unsäglichk­eiten zusammenge­tragen. Geklagt haben sie nicht.

Wie also umgehen mit dem Bodensatz, den die Homepage von Grafs Sprecher aufwirbelt? Wie sinnvoll sind große Gesten wie Anzeigen gegen einen anonymen Poster, in der Hoffnung, die Sache färbt auf den politische­n Mandatar Graf ab? Genügt es nicht, ja ist es nicht sogar effiziente­r, immer wieder auf die Geistesart der Sympathisa­nten hinzuweise­n, die dieser hohe Repräsenta­nt der Republik anzieht? as sich auf unzensurie­rt.at abspielt, ist politisch relevant, weil es viel über die Partei sagt, die Graf kandidiert hat. Es ist schließlic­h nicht egal, wofür jemand steht, der die Republik nach außen vertreten soll. Deshalb ist auch die Frage berechtigt, wieso der Betreiber der Homepage diesen Aufruf zur Gewalt tagelang nicht löschte und ihn erst nach der Publikatio­n der Aussagen entfernte.

Aber derWegzumG­ericht ist ein Holzweg. Im schlimmste­n Fall verpufft die Anzeige, oder es kommt zum Freispruch. Was dann?

WSie erreichen den Autor unter

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria