Wie man dem rechten Rand einen Gefallen tut
Überzogene Angriffe nützen nur den Angegriffenen.
Das war wieder eine Aufregung. Der GrünenAbgeordnete Karl Öllinger entdeckte auf der Homepage unzensuriert.at, die vom Pressesprecher des III. Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) verantwortet wird, rechte Rülpser. Zur „Breivikisierung“von Politikern und Journalisten rief da einer auf, also zur Ermordung nach dem Muster des norwegischen Massenmörders Anders Breivik. Der Haken bei der Sache: Der Vorschlag stand nicht in einem redaktionellen Text, sondern in einem Posting, einem Leserkommentar. Anonym, nach Art der Helden des Netzes.
Was folgt, ist die Routine von Empörung und weinerlicher Selbstverteidigung, wie sie im Umgang mit der Freiheitlichen Partei schon gut eingeübt ist. Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ), über die Entgleisung in Kenntnis gesetzt, lässt die Parlamentsdirektion prüfen und dann klagen. Martin Graf fühlt sich gemobbt, FPÖGeneralsekretär Harald Vilimsky spricht Prammer gleich das Recht ab, das ganze Parlament zu repräsentieren.
Wer Postings liest, weiß, dass dort der feine Umgangston eher die Ausnahme ist. Die freie Debatte im Schutz der Anonymität treibt oft Sumpfblüten, die für das Trägermedium peinlich sind. Das bleibt auch honorigen Publikationen nicht erspart.
Auf unzensuriert.at ist das nicht anders, nur eindimensionaler. Menschen, die sich die Mühegemacht haben, dieKommentare auf der Seite regelmäßig zu lesen und zu kopieren, haben seitenlange Auflistungen von rechtsradikalen Unsäglichkeiten zusammengetragen. Geklagt haben sie nicht.
Wie also umgehen mit dem Bodensatz, den die Homepage von Grafs Sprecher aufwirbelt? Wie sinnvoll sind große Gesten wie Anzeigen gegen einen anonymen Poster, in der Hoffnung, die Sache färbt auf den politischen Mandatar Graf ab? Genügt es nicht, ja ist es nicht sogar effizienter, immer wieder auf die Geistesart der Sympathisanten hinzuweisen, die dieser hohe Repräsentant der Republik anzieht? as sich auf unzensuriert.at abspielt, ist politisch relevant, weil es viel über die Partei sagt, die Graf kandidiert hat. Es ist schließlich nicht egal, wofür jemand steht, der die Republik nach außen vertreten soll. Deshalb ist auch die Frage berechtigt, wieso der Betreiber der Homepage diesen Aufruf zur Gewalt tagelang nicht löschte und ihn erst nach der Publikation der Aussagen entfernte.
Aber derWegzumGericht ist ein Holzweg. Im schlimmsten Fall verpufft die Anzeige, oder es kommt zum Freispruch. Was dann?
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