Kleine Zeitung Steiermark

Die Schizophre­nie des Wissenwoll­ens

Manchmal ist es leichter, die Augen vor Dingen vor der Haustür zu schließen.

- HENRYK M. BRODER

Die Deutschen sind schon ein seltsames Volk. Einerseits wollen sie es immer ganz genau wissen. Welche Organisati­on ihre Telefonate und E-Mails abfängt, ob die deutschen Stellen dabei mit den amerikanis­chen ko- dem Krieg“, sagt eine Nachbarin. Eine andere meint: „Wenn sie eine Kirche anstecken, brennen demnächst Wohnhäuser.“Die Zeugen hatten „ausgelasse­n tobende Jugendlich­e“am Tatort gesehen und „provoziere­nd nah vorbeirase­nde Halbstarke auf Rädern“, die „hämische Rufe“ausstießen. s war nicht die erste Brandstift­ung in dem Viertel. Die Polizei hat seit Anfang des Jahres über 30 Fälle registrier­t. Meistens waren es Altpapierc­ontainer, die abgefackel­t wurden. Es kam aber zu keinen Festnahmen, die Feuer wurden unter dem Rubrum „Jugendgewa­lt“verbucht. Wer die Verursache­r sind, darüber gibt es nur Andeutunge­n. Es sollen „junge Männer“sein, die als Gangs auftreten. Sie nennen sich „Ausländer in Garbsen“oder „Gtown Gangsta“, wobei G für Garbsen steht. „Sie pöbeln uns an, dealen offen mit Drogen, und keiner macht etwas“, klagt ein Einwohner. Aber jetzt soll etwas geschehen. Ab Herbst „sollen sich drei bis vier Streetwork­er um die Jugendlich­en kümmern“. atürlich ist allen klar, wer „die Jugendlich­en vor Ort“sind. Aber ausspreche­n mag es keiner. Das könnte ja als Ressentime­nt verstanden werden. Man wartet lieber, bis es wieder brennt. Henryk M. Broder ist Autor der „Welt“und „Weltwoche“.

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