800 Jahre alter Mordfall gibt weiter Rätsel auf
Skelette unter steirischem Regierungssitz: Forscher schlossen Arbeit ab. Mann mit schweren Kopfwunden könnte im Kampf gefallen sein.
Waren es Opfer von Hinrichtungen, von Verbrechen? Ungetaufte? Oder gesondert bestattete Selbstmörder? Diese Fragen stellen sich, seit 2010 unter der Grazer Burg Skelette entdeckt worden sind. Von Grabungsleiterin Astrid Steinegger und Mitarbeitern behutsam freigelegt, sind die sterblichen Überreste anschließend von Anthropologin Silvia Renhart untersucht worden. Die Arbeiten sind mittlerweile abgeschlossen und die Ergebnisse ein Höhepunkt des neuen historischen Jahrbuches der Stadt Graz. Im Fall des vor circa 800 Jahren getöteten Mannes können jedoch nicht alle Geheimnisse gelüftet werden.
Der schaurige Fund liegt drei Jahre zurück, bei Umbauarbeiten des steirischen Regierungssitzes stieß man erst auf Schädel und dann auf Skelette sowie diverse Knochen. Sie stammen aus dem frühen 13. Jahrhundert, 18 Personen wurden nahe der späteren Stadtmauer begraben. „Die acht Männer waren im Schnitt 47 Jahre, die sechs Frauen etwa 62 Jahre alt“, erzählt Anthropologin Ren- hart. Die weiteren Überreste stammen von Kindern.
Der spannendste Fund ist aber ein Schädel und ein dazugehöriger Metallbolzen. Renhart: „Der Mann dürfte zwischen 45 und 55 Jahre gewesen sein, als er starb.“Wie? „Der Bolzen hat seine rechte Seite durchbohrt. Und es wurde mit einem kantigen Gegenstand das Stirnbein durchstoßen“, verrät die Anthropologin. Sie tippt auf eine Waffe von der Art einer Hellebarde. Oder es war „ein Schwert. Das ist nicht eindeutig“, ergänzt Steinegger. Renhart nimmt an, dass „es ein Kampfgeschehen gab“. Zumal ein weiterer Fund eine Unterarmfraktur hatte: „Vom Abwehren eines Schlages“. Die Hintergründe sind nicht bekannt. Bei anderen Verstorbenen war die Todesursache wohl Skorbut.
Ob die stummen Zeugen der Grazer Geschichte jemals ausgestellt werden, ist ungewiss. „Es ist ja kein Geld da“, bedauern die Forscher. Schon die Analyse der interessanten Funde hatte sich aus budgetären Gründen immer wieder verzögert.