Kleine Zeitung Steiermark

800 Jahre alter Mordfall gibt weiter Rätsel auf

Skelette unter steirische­m Regierungs­sitz: Forscher schlossen Arbeit ab. Mann mit schweren Kopfwunden könnte im Kampf gefallen sein.

- THOMAS ROSSACHER

Waren es Opfer von Hinrichtun­gen, von Verbrechen? Ungetaufte? Oder gesondert bestattete Selbstmörd­er? Diese Fragen stellen sich, seit 2010 unter der Grazer Burg Skelette entdeckt worden sind. Von Grabungsle­iterin Astrid Steinegger und Mitarbeite­rn behutsam freigelegt, sind die sterbliche­n Überreste anschließe­nd von Anthropolo­gin Silvia Renhart untersucht worden. Die Arbeiten sind mittlerwei­le abgeschlos­sen und die Ergebnisse ein Höhepunkt des neuen historisch­en Jahrbuches der Stadt Graz. Im Fall des vor circa 800 Jahren getöteten Mannes können jedoch nicht alle Geheimniss­e gelüftet werden.

Der schaurige Fund liegt drei Jahre zurück, bei Umbauarbei­ten des steirische­n Regierungs­sitzes stieß man erst auf Schädel und dann auf Skelette sowie diverse Knochen. Sie stammen aus dem frühen 13. Jahrhunder­t, 18 Personen wurden nahe der späteren Stadtmauer begraben. „Die acht Männer waren im Schnitt 47 Jahre, die sechs Frauen etwa 62 Jahre alt“, erzählt Anthropolo­gin Ren- hart. Die weiteren Überreste stammen von Kindern.

Der spannendst­e Fund ist aber ein Schädel und ein dazugehöri­ger Metallbolz­en. Renhart: „Der Mann dürfte zwischen 45 und 55 Jahre gewesen sein, als er starb.“Wie? „Der Bolzen hat seine rechte Seite durchbohrt. Und es wurde mit einem kantigen Gegenstand das Stirnbein durchstoße­n“, verrät die Anthropolo­gin. Sie tippt auf eine Waffe von der Art einer Hellebarde. Oder es war „ein Schwert. Das ist nicht eindeutig“, ergänzt Steinegger. Renhart nimmt an, dass „es ein Kampfgesch­ehen gab“. Zumal ein weiterer Fund eine Unterarmfr­aktur hatte: „Vom Abwehren eines Schlages“. Die Hintergrün­de sind nicht bekannt. Bei anderen Verstorben­en war die Todesursac­he wohl Skorbut.

Ob die stummen Zeugen der Grazer Geschichte jemals ausgestell­t werden, ist ungewiss. „Es ist ja kein Geld da“, bedauern die Forscher. Schon die Analyse der interessan­ten Funde hatte sich aus budgetären Gründen immer wieder verzögert.

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Die Skelette wurden vor drei Jahren bei Umbauarbei­ten in der Grazer Burg entdeckt und freigelegt

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