Kleine Zeitung Steiermark

Wie die Parteien sich die Kammern zunutze machen

Was sich hinter dem Streit um zwei Studien verbirgt.

- THOMAS GÖTZ

Es ist erst ein paar Jahre her, da hat das Parlament eine wahrhaft staatstrag­ende Entscheidu­ng gefällt. Die Existenz der Zunftvertr­etungen, also von Arbeiter-, Wirtschaft­s- und Landwirtsc­haftskamme­r, sollte künftig in Verfassung­srang stehen. Die immer wieder aufpoppend­e unbotmäßig­e Frage nach der Sinnhaftig­keit und Rechtferti­gung der Zwangsverp­flichtung praktisch aller zur Mitgliedsc­haft in diesen Interessen­vertretung­en schien den Säulen der Gesellscha­ft bedrohlich groß zu werden.

Wofür wir sie dringend brauchen, haben zwei der drei Kammern dieser Tage unter Beweis gestellt. Sie unterfütte­rn den Wahlkampf mit genehmem Material.

Die Arbeiterka­mmern Oberösterr­eich und Wien baten Linzer Wissenscha­fter, die ganz zufällig Mitglieder des Bundes Sozialisti­scher Akademiker sind, eine Studie über die Einkommens­verteilung in Österreich zu verfassen. Das Ergebnis: Es gibt viel mehr Superrei- che als bisher angenommen und ihr Reichtum ist viel superer, als wir dachten. Erreicht hat man dieses Ergebnis durch Erhöhung der Summen, die die Nationalba­nk durch Befragung erhoben hatte. Kurz, es handelt sich um Schätzunge­n.

Interessan­t ist die Taktung der Publikatio­n. Ganz zufällig erschien die Studie am Tag nach dem Wahlkampfs­tart der SPÖ und der Beschlussf­assung des Wahlprogra­mms. Dieses sieht, oh Wunder, die Einführung von Vermögenss­teuern vor. Das hat sich doch gut getroffen.

Ein paar Tage zuvor hat die Wirtschaft­skammer eine gegenläufi­ge Studie veröffentl­icht. Sie stammt vom Institut für Höhere Studien, IHS, und versucht zu belegen, dass Ver- mögenssteu­ern Investoren aus Österreich vertreiben würden. Das kam dem Koalitions­partner ÖVP sehr gelegen – zur Abwehr der oben genannten Begehrlich­keiten der SPÖ.

Der Streit ist legitim, ja im Kampf zweier Parteien, die immer weniger voneinande­r unterschei­det, ein wunderbare­s Mittel der Abgrenzung. Auch gegen die Erarbeitun­g von Studien aller Art spricht natürlich prinzipiel­l nichts. Übel ist nur, wie hier Interessen­vertretung­en, deren Finanzkraf­t und politische­s Gewicht auf der Zwangsmitg­liedschaft ihrer Financiers basiert, als Vorfeldorg­anisatione­n von Parteien benützt werden. ie Erklärung für solche Übergriffe ist einfach. Es ist Wahlkampf und die Mittel, die dafür verwendet werden dürfen, sind gesetzlich begrenzt. Da ist jede Hilfe recht, die nicht in die Gesamtsumm­e eingerechn­et werden muss.

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