Wie die Parteien sich die Kammern zunutze machen
Was sich hinter dem Streit um zwei Studien verbirgt.
Es ist erst ein paar Jahre her, da hat das Parlament eine wahrhaft staatstragende Entscheidung gefällt. Die Existenz der Zunftvertretungen, also von Arbeiter-, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer, sollte künftig in Verfassungsrang stehen. Die immer wieder aufpoppende unbotmäßige Frage nach der Sinnhaftigkeit und Rechtfertigung der Zwangsverpflichtung praktisch aller zur Mitgliedschaft in diesen Interessenvertretungen schien den Säulen der Gesellschaft bedrohlich groß zu werden.
Wofür wir sie dringend brauchen, haben zwei der drei Kammern dieser Tage unter Beweis gestellt. Sie unterfüttern den Wahlkampf mit genehmem Material.
Die Arbeiterkammern Oberösterreich und Wien baten Linzer Wissenschafter, die ganz zufällig Mitglieder des Bundes Sozialistischer Akademiker sind, eine Studie über die Einkommensverteilung in Österreich zu verfassen. Das Ergebnis: Es gibt viel mehr Superrei- che als bisher angenommen und ihr Reichtum ist viel superer, als wir dachten. Erreicht hat man dieses Ergebnis durch Erhöhung der Summen, die die Nationalbank durch Befragung erhoben hatte. Kurz, es handelt sich um Schätzungen.
Interessant ist die Taktung der Publikation. Ganz zufällig erschien die Studie am Tag nach dem Wahlkampfstart der SPÖ und der Beschlussfassung des Wahlprogramms. Dieses sieht, oh Wunder, die Einführung von Vermögenssteuern vor. Das hat sich doch gut getroffen.
Ein paar Tage zuvor hat die Wirtschaftskammer eine gegenläufige Studie veröffentlicht. Sie stammt vom Institut für Höhere Studien, IHS, und versucht zu belegen, dass Ver- mögenssteuern Investoren aus Österreich vertreiben würden. Das kam dem Koalitionspartner ÖVP sehr gelegen – zur Abwehr der oben genannten Begehrlichkeiten der SPÖ.
Der Streit ist legitim, ja im Kampf zweier Parteien, die immer weniger voneinander unterscheidet, ein wunderbares Mittel der Abgrenzung. Auch gegen die Erarbeitung von Studien aller Art spricht natürlich prinzipiell nichts. Übel ist nur, wie hier Interessenvertretungen, deren Finanzkraft und politisches Gewicht auf der Zwangsmitgliedschaft ihrer Financiers basiert, als Vorfeldorganisationen von Parteien benützt werden. ie Erklärung für solche Übergriffe ist einfach. Es ist Wahlkampf und die Mittel, die dafür verwendet werden dürfen, sind gesetzlich begrenzt. Da ist jede Hilfe recht, die nicht in die Gesamtsumme eingerechnet werden muss.
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