Kleine Zeitung Steiermark

Zemans Kumpel auf verlorenem Posten in Prag

Regierung ohne Vertrauen des Parlaments.

- HANS- J ÖRG SCHMIDT, PRAG

PRAG. Ausgerechn­et an dem Tag, an dem es im Parlament in Prag um jede Stimme ging, hatte ein Gewitter die elektronis­che Abstimmung­smaschine lahmgelegt. Die von Präsident Milosˇ Zeman eingesetzt­e „Experten“-Regierung unter Premier Jirˇí Rusnok musste sich einem Vertrauens­votum stellen, das sie am Abend nach einer quälend langen Debatte mit 93 zu 100 Stimmen verlor. Sie stand aber von vornherein auf verlorenem Posten.

Daran änderte auch ein Gastauftri­tt des Präsidente­n nichts. Zeman erklärte, es bleibe ihm nun ein zweiter Versuch, eine Regierung zu bestimmen. Er werde aber zuwarten. So lange, bis die Polizei ihre Untersuchu­ngen gegen die bürgerlich­e Regierung von Petr Necˇas beendet habe, der über eine Affäre mit seiner Bürochefin gestolpert war. Zeman lässt die Regierung Rusnok also womöglich über Monate weiterlebe­n – ohne Zustimmung des Parlaments. Eine solche „Regierung in Demission“wird von Tschechien­s Verfassung gedeckt.

Aus dem Umfeld Zemans war zu hören, dass der Präsident die Regierung gerne auch bis zu regulären neuen Wahlen im Frühjahr würde amtieren lassen. Eine Regierung, die vorrangig aus „Kumpeln“Zemans und dessen Partei besteht, die bei den letzten Parlaments­wahlen keinen Blumentopf gewinnen konnte und überhaupt nicht im Parlament vertreten ist.

Die Bürgerlich­en lehnen das Kabinett ab. Nach dem Fall der Regierung Rusnok wollen sie eine „Schattenre­gierung“aufstellen, die jederzeit bereit sei, zur „richtigen“Regierung zu mutieren, wenn sie den Auftrag von Zeman bekomme. Doch der wird sich hüten.

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