Neue Eiszeit zwischen Obama und Putin
Us-präsident sagt wegen Streit um Snowden lange geplantes Treffen mit dem Kreml-chef ab – ein diplomatischer Affront.
WASHINGTON, MOSKAU. Man stelle sich folgende Beziehung vor: Der eine Partner brüskiert den anderen Partner, indem er ihm etwas, was dieser unbedingt haben will, vorenthält. Und der brüskierte Partner brüskiert daraufhin den anderen damit, dass er nicht mehr mit ihm redet – und ihm das dann möglichst öffentlichkeitswirksam ausrichten lässt. So geschehen zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Nach einem flockigen Auftritt in der „Tonight Show“des legendären US-Talkers Jay Leno, in der Obama strahlend und in lockerem Plauderton die Aktivitäten der NSA-Spähprogramme herunterspielte und gleichzeitig Russland vorwarf, sich mit der Weigerung, den Spionage-Enthüller Edward Snowden an die USA auszuliefern, „wie im Kalten Krieg“zu benehmen, sagte der US-Präsident gestern mittels offizieller Aussendung sein Treffen mit Putin in Moskau ab. Russland hatte Snowden kürzlich Asyl gewährt.
Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten haben damit, wenig überraschend, einen neuen Tiefpunkt erreicht. Auch wenn die Absage nicht völlig überraschend kam, stellt sie dennoch eine diplomatische Ohrfeige für den russischen Präsidenten dar, der sich in seinem Land gerne damit rühmt, auf der Bühne der Weltpolitik präsent zu sein und die mächtigsten Männer des Planeten zu Gast zu haben.
Dennoch werden beide Seiten Anstrengungen unternehmen, den Konflikt nicht zu sehr eskalieren zu lassen. Trotz aller Unstimmigkeiten auch in Streitfragen wie Syrien oder Iran sind beide Seiten heute wirtschaftlich miteinander verwoben, auch die Staatskassen lassen eine Eskalation über Diplomatie- und Verbalgefechte hinaus nicht zu. So erklärte denn ein Putin-Berater bereits, in Schlüsselfragen weiter mit dem amerikanischen Partner zusammenarbeiten zu wollen. Auch am für morgen geplanten Treffen der Außen- und Verteidigungsminister beider Staaten wollte man festhalten. Und auch wenn er Putin dort aus dem Weg gehen will: Zum G20-Gipfel in St. Petersburg fährt Obama ja dennoch.