In den Dschihad
nitischen Glaubensrichtung im Islam an. Aber religiöser Fanatismus war den von weltanschaulicher Toleranz geprägten kosovarischen Muslimen bisher fremd.
Daran änderte selbst der Kosovokrieg Ende der 90er-Jahre nichts. Die Radikalisierung er- folgte erst später mit den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Agron Bajrami, Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung „Koha Ditore“, führt sie im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurück: die bittere Armut im Land und puritanisches wahhabitisches Gedankengut, das in den vergangenen Jahren über Hilfsorganisationen von der Arabischen Halbinsel in den Kosovo gesickert ist. Um nur eine Zahl zu nennen: 40 Moscheen gab es vor dem Krieg in der Stadt Prizren im Süden des Kosovo, heute sind es 70, der Großteil davon finanziert mit saudischen Geldern.
Wir sitzen in einem Café in der Innenstadt von Prishtina. An den Nachbartischen sitzen junge Leute, aus den Lautsprecherboxen rieselt gedämpft Jazzmusik. „Die Regierung müsste mehr tun für die Wirtschaft“, sagt Bajrami. „Die Zahl der Unzufriedenen im Land steigt. Zugleich hat man das Problem des von außen importierten radikalislamischen Gedankenguts lange Zeit vernachlässigt.“Für eine junge Nation, die für sich noch nicht wirklich definiert habe, was Säkularismus, also die Trennung von Staat und Religion, heiße, erweise sich das nun als besonders schwere Hypothek. Die islamische Gemeinde müsse sich die Frage stellen, warum sie radikale Imame einfach habe gewähren lassen, sagt Bajrami. „Die jungen Leute finden ein perfektes Umfeld vor, um zu Dschihadisten zu werden.“
Routen überwachen
Mit Sebastian Kurz in Prishtina. Am Vorabend hat sich der Außenminister mit den religiösen Führern im Kosovo, dem Mufti, dem katholischen Erzbischof und dem Oberhaupt der serbischen Orthodoxie, getroffen, um darüber zu reden, wie sich das Religion innewohnende Gewaltpotenzial zähmen lässt. „Es war ein gutes Gespräch“, sagt der Minister. „Ein Gespräch von hoher symbolischer Kraft in Zeiten wie diesen.“Gemeinsam mit seinem kosovarischen Amtskollegen Hashim Thaçi will Kurz auf den europäischen Dschihadismus reagieren, will die Finanzströme des internationalen Terrors trockenlegen und die Reiserouten über den Balkan stärker überwachen. „Es ist wichtig, dass wir in Europa geschlossen und gemeinsam gegen diese Radikalisierungstendenzen vorgehen“, sagt der Minister. Und Thaçi erklärt: „Wir werden kompromisslos gegen den Dschihadismus ankämpfen.“Hauptvoraussetzung für Erfolg freilich wäre, dass sich die triste wirtschaftliche Lage im Kosovo bessert. Doch die Aussichten sind düster.