Ausnahmezustand im Schweizer Alpendorf
WEF in Davos: 15 Nobelpreisträger, 40 Regierungschefs und ein Glas Whiskey um 36 Euro.
DAVOS. Mitleid scheint wohl fehl am Platz, trotzdem: In diesem Jahr – und nach der Entkoppelung des Franken vom Euro – müssen auch die Teilnehmer des Weltwirtschaftsgipfels im schweizerischen Davos tiefer in die eigene Tasche greifen. So kostet etwa der abendliche Johnny Walker Blue im beliebten Grandhotel Belvédère rund 36 Franken, was nun auch in etwa 36 Euro entspricht. Vor einer Woche wären es noch sechs Euro weniger gewesen. Das weitere Preispotpourri des noblen Alpenresorts: 1000 Franken pro Nacht für das Doppelzimmer, 135 Franken für das gewöhnliche Abendessen, den Burger an der Bar gibt’s um 32 Franken.
Nichtsdestotrotz trifft sich in Davos – gestern Abend wurde feierlich eröffnet – wieder einmal viel Namhaftes. 15 Nobelpreisträger und mehr als 40 Staats- und Regierungschefs bilden den Kern der 2500 Teilnehmer aus 140 Ländern. Inhaltliches Leitthema des diesjährigen WEF ist „Der neue globale Kontext“. Mehr als 300 Veranstaltun- gen finden bis Samstag statt. Schwerpunkte sind der Klimawandel, technische Revolutionen, die Entwicklungen in Schwellenländern, das Wachstum Chinas oder auch die Stabilität der Finanzmärkte. Vor dem Hintergrund der aktuellen Islam-Debatte will das 45. Weltwirtschaftsforum auch das – ansonsten in der Alpenmetropole nur sparsamst behandelte – Religionsthema diskutieren.
Kritiker stoßen sich seit jeher am Davoser Schulterschluss von Wirtschaft und Politik. Oliver Classen von der Schweizer Entwicklungsplattform „Erklärung von Bern“(EvB): „Das eigentliche Problem ist, dass sich demokratisch legitimierte Politiker in Davos auf Augenhöhe mit Wirtschaftsführern begeben, die nur ihren Aktionären Rechenschaft geben.“Viele der Probleme, die am WEF diskutiert würden, seien durch das Diktat der Wirtschaft in der Politik überhaupt erst entstanden. „Das WEF wäre heute gern Teil der Lösung, bleibt aber Teil des Problems“, so Classen.