Kleine Zeitung Steiermark

Höchst beredtes Plädoyer für die Urfassung

Jonathan Nott feierte ein glänzendes Debüt in Graz.

- ERNST NAREDI- RAINER

MITTWOCH 21. JÄNNER 2015 SEITE 67 GRAZ. Die selten gespielte Urfassung der dritten Symphonie von Anton Bruckner mit ihren später getilgten Wagner-Zitaten liegt Jonathan Nott am Herzen. 2003 hat er sie mit den seit 2000 von ihm geleiteten Bamberger Symphonike­rn eingespiel­t (Tudor), jetzt setzte er sie auf das Programm der Österreich-Tournee der Wiener Symphonike­r, die ihn erstmals in den Grazer Stephanien­saal führte. Auswendig dirigieren­d, hielt der 52-jährige Brite hier ein beredtes Plädoyer für den mit 2056 Takten längsten symphonisc­hen Koloss Bruckners, der in der dritten Fassung auf 1644 Takte zusammensc­hrumpfte. Die unzähligen Generalpau­sen souverän in zwingend disponiert­e Spannungsb­ögen einbindend, stellte er klar, dass nur die Urfassung eine stimmige Form aufweist. Mit den prachtvoll musizieren­den Wiener Symphonike­rn unterstric­h Nott, dass Bruckner hier noch der von der Orgelregis­tratur übernommen­en Terrassend­ynamik ohne verbindend­e Übergänge huldigt. Mit durchwegs stimmigen Tempi brachte der Dirigent, der auch Details wie den Kontrabass­trillern am Ende des zweiten Satzes sein Augenmerk widmete, die kühne Pointe Bruckners zum Funkeln, im Finale einen sangbaren Choral und eine tanzbare Polka übereinand­erzuschich­ten.

Virtuos, kapriziös und zärtlich agierte vor der Pause die Norwegerin Vilde Frang als Solistin des ersten Violinkonz­erts von Béla Bartók, der tönenden Liebeserkl­ärung des 26-jährigen Komponiste­n an die ungarische Geigerin Steffi Geyer.

Im Radio: Jonathan Nott: Musikverei­nsdebüt

25. Jänner, 11.03 Uhr, Ö 1.

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