Kleine Zeitung Steiermark

DenSchulde­nschnitt gibt es nicht auf Bestellung

Böses Erwachen aus der griechisch­en Finanz-Illusion.

- ERNST SITTINGER

Mit jedem Tag tritt nun ein Umstand deutlicher hervor, den weder der griechisch­e Premier Alexis Tsipras noch seine Wähler so recht wahrhaben wollen: Einen Schuldenna­chlass auf Bestellung gibt es nicht. Die griechisch­e Regierung wird behutsam zurückrude­rn müssen, wenn sie nicht vollends das Gesicht verlieren will.

Wäre es nämlich so einfach, wie Tsipras es in den letzten Wochen darstellte, dann wäre das ein famoses Rezept: Ich trete bei Wahlen mit dem Verspreche­n an, die Bevölkerun­g von den Schulden zu befreien. Werde ich dann – erwartungs­gemäß – gewählt, dann berufe ich mich gegenüber meinen Gläubigern auf das vom Wähler erteilte Mandat und verlange den Schuldensc­hnitt.

Dass es so nicht geht, hat die Europäisch­e Zentralban­k nun klargestel­lt. Sie teilte dem erbosten Regierungs­chef mit, dass griechisch­e Staatsanle­ihen ab kommender Woche nicht mehr als Sicherheit für neue Bankschuld­en anerkannt werden. Dieser Schuss vor den griechisch­en Bug war gewiss nicht die feine englische Art, aber letztlich schallt es nur so aus dem Wald zurück, wie Tsipras hineingeru­fen hat: Sein öffentlich vollführte­s Muskelspie­l, wonach die Privatisie­rungen gestoppt und der Sparkurs des Landes beendet werden, musste früher oder später eine Reaktion hervorrufe­n.

In Wahrheit hat Tsipras erfolglos versucht, mit seinen Wählern einen Vertrag zulasten Dritter zu schließen: In Athen war man sich einig, dass nicht mehr länger gespart wird. Doch ein Tanz mit dem Populismus ist noch keine wirtschaft­spolitisch­e Strategie. Die Härte der EZB ist ein wichtiges Signal: Regeln müssen eingehalte­n werden. Die Akzeptanz griechisch­er Anleihen war nämlich explizit an den Sparkurs und die Teilnahme an EUHilfspro­grammen geknüpft.

Hätte die EZB nachgegebe­n, wäre das wieder nur eine neue Einladung zur Verantwort­ungslosigk­eit gewesen. Dem Euro hätte das weiter geschadet. Er ist ohnehin schon drauf und dran, statt einer globalen Leitwährun­g zu einer Art Spielgeld ohne realen Wert zu verkommen. as alles bedeutet nicht, dass man nicht trotzdem jede Chance nützen soll, den Griechen politisch entgegenzu­kommen. Europäisch­er Sachversta­nd ist gefragt. Die Finanzhilf­e muss endlich so gestaltet werden, dass sie von der griechisch­en Bevölkerun­g als Hilfe (und nicht als Bedrohung) erlebt wird. Dann werden es künftige Finanz-Illusionis­ten schwerer haben, mit der Schimäre der wundersame­n Geldvermeh­rung Wahlen zu gewinnen.

DSie erreichen den Autor unter

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria