Schwere Geschütze in der Glitzerwelt
Novomatic will den US-Markt erobern – während am Heimmarkt juristische Auseinandersetzungen toben.
LONDON. Es sind die traditionell „schweren Geschütze“, die der österreichische Glücksspielriese Novomatic hier in London auffährt. Auf der ICE, einer der weltweit wichtigsten Branchenmessen, im gigantischen ExCel-Center fußt alles auf dem Prinzip der Superlative. Der Messestand, den der Konzern für drei Tage aufgebaut hat, sprengt alles bisher Dagewesene und ist so groß wie ein Fußballfeld. Vorstandschef Harald Neumann und Technikvorstand Thomas Graf verweisen auf den größten Auftritt eines Konzerns, den es je auf einer Glücksspielmesse gegeben hat. Damit hat man sich gewissermaßen selbst das Rampenlicht für eine weitere Rekordmeldung geschaffen: Novomatic setzte 2014 mit 3,8 Milliarden Euro so viel wie noch nie um. Auch der Gewinn ist kräftig gestiegen, das lasse sich auch auf Basis der erst vorläufigen Ergebnisse sagen, so Neumann.
Insgesamt 18 Novomatic-Konzernunternehmen präsentieren in London die gesamte Bandbreite – von den Automaten über die immer stärker werdenden mobilen und vor allem vernetzten Lösungen, den Bereich der Sportwetten bis hin zum vergleichsweise jungen Konzernteil der Lotterietechnologie, der vom Gesamtsystem bis hin zum Rubbellos reicht. Seit der Übernahme der isländischen Betware mischt man auch auf breiter Front im Lottogeschäft mit und ist u. a. in Rumänien und Israel bei Ausschreibungen der staatlichen Lotterien zum Zug gekommen.
Millionenschwere Zukäufe, Rekordzahlen – das Glücksspiel, so scheint es hier in der Londoner Messe-Glitzerwelt, kennt keinen konjunkturellen Gegenwind. Ganz so sei es nicht, betont das Management. „Wir spüren das schwierige gesamtwirtschaftliche Umfeld auch“, sagt Neumann. Die „Straßenmärkte“, also etwa das schnelle Automaten-Zocken im Pub ums Eck, nehme ab. Das zeige der britische Markt. Dennoch fällt der Ausblick von Neumann und Graf für 2015 positiv aus. „Wir sind auch optimistisch, dass wir die Einbußen aus Wien wettmachen.“
Zur Erinnerung: Das Verbot des kleinen Glücksspiels in Wien sorgt weiterhin für Unmut. Auch hier, auf rechtlicher Ebene, fährt Novomatic „schwere Geschütze“auf. Neumann sieht ein „rein politisches Thema“und hofft, dass nach den Gemeinderatswahlen im Herbst eine „vernünftige Lösung“gefunden wird. Ansonsten befürchte er mittelfristig einen Wildwuchs an illegalen Automaten. Mit einer gerichtlichen Klärung rechne er nicht vor dem zweiten Halbjahr. Auch über die Beschwerde der Casinos Austria gegen die Vergabe von Casino-Lizenzen an Novomatic, etwa im Wiener Prater, wird höchstgerichtlich entschieden. In der Steiermark, wo es 2016 zu einer Neuregelung des kleinen Glücksspiels kommt, wird bald eine Entscheidung über die Vergabe der drei Konzessionen erwartet. Neun Firmen, darunter Novomatic, haben sich beworben.
Nicht nur die Rechtsabteilung hat viel zu tun – auch in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung geht die Arbeit nicht aus. In diesen Bereich werde jährlich ein hoher zweistelliger MillionenBetrag investiert, rund 1000 Mitarbeiter seien heute weltweit in diesem Segment tätig, sagt Graf. Zukunftshoffnungen liegen vor allem im US-Markt. Dort wird die Zentrale von Florida nach Chicago verlegt, in sieben Bundesstaaten wurde das Lizenzierungsverfahren bereits bewältigt. In den kommenden Jahren wolle man auf dem Markt richtig Fuß fassen.