Kleine Zeitung Steiermark

50 Jahre Schönheits­schlaf

Zwei Mitarbeite­r des Auktionsha­uses Artcurial spürten die Autosammlu­ng des Unternehme­rs Roger Baillon auf. Heute kommen die rund 60 Fahrzeuge in Paris unter den Hammer.

- KARIN RIESS

Ihr Lack glänzt längst nicht mehr. Stattdesse­n wuchert Moos auf dem Blech und der Rost tut sich an den Karosserie­n gütlich. Die Scheinwerf­er sind blind, die Reifen platt, Efeu rankt bei den Fenstern hinein. Und doch haben Matthieu Lamoure und Pierre Novikoff wohl noch nie etwas Schöneres gesehen. Die beiden Mitarbeite­r des Auktions- hauses Artcurial haben vergangene­n Herbst einen Sensations­fund gemacht. Zwischen Müll, Gerümpel und unter Zeitungen warteten rund 60 schlafende Schönheite­n darauf, wach geküsst zu werden. Bugatti, Hispano-Suiza, TalbotLago, Panhard-Levassor, Maserati, Ferrari, Delahaye oder Delage – die Liste der Namen liest sich wie das Who is who der exklusivst­en Automarken. In Wellblechh­ütten und Scheunen trotzten die seltenen Stücke, die aus den frühen Tagen des Automobils bis in die 1970er reichen, dem Zahn der Zeit.

Dabei hätte alles ganz anders kommen sollen: Der französisc­he Logistikun­ternehmer Roger Baillon wollte mehr bewegen als nur Güter mit seiner Lkw-Flotte. Der Autofan hatte bereits 1947 auf dem Pariser Autosalon eine eigene Studie vorgestell­t. Eine Karriere als Autobauer blieb ihm verwehrt, also fasste er ein neues Ziel ins Auge: Frankreich­s erstes Automuseum zu eröffnen. In den 1950ern Bugatti, Facel, Talbot-Lago, Maserati, Panhard-Levassor (von links nach rechts): Die Liste der Namen von Scheunenfu­nden umfasst den Jetset der Autowelt begann er eine Sammlung zusammenzu­stellen, die Stücke parkte er in den Nebengebäu­den des Château Gaillard, seinem Schloss im südwestfra­nzösischen Échiré.

Auch der Traum vom Automuseum ging für Baillon nicht in Erfüllung: In den 1970ern zwangen ihn finanziell­e Rückschläg­e, rund 50 Autos seiner Sammlung zu verkaufen. Der Rest dämmerte seither im Schlosspar­k dahin. Umso schwierige­r ist es, die Fahrzeuge behutsam zu bergen und dabei ihre Patina nicht zu zerstören. Insgesamt wird bei der Versteiger­ung mit einem Erlös von rund 16 Millionen Euro gerechnet.

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Schatzjäge­r:
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