Kleine Zeitung Steiermark

„Politik in Österreich ist extrem fad“

Julia Herr, Chefin der Sozialisti­schen Jugend, wünscht sich lebhaftere Debatten in der SPÖ und eine Frau als Parteichef­in.

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Als Chefin der Sozialisti­schen Jugend sind Sie im Bundesvors­tand der SPÖ. Geht’s dort wirklich so diktatoris­ch zu? JULIA HERR: Vereinzelt gibt es zwar kritische Wortmeldun­gen, aber lebhafte Debatten finden viel zu selten statt. Die Diskussion­en sind zu kurz. Da werden oft richtungsw­eisende Entscheidu­ngen nach einer kurzen Debatte getroffen. Die meisten Leute melden sich gar nicht zu Wort. Deshalb kämpfen wir für eine Demokratis­ierung in der SPÖ.

Sie sind erst 22. Hören Parteigran­den auf Sie? HERR: Wir sind so laut, dass man uns hören muss. Und wir haben am Parteitag bewiesen, dass wir uns innerparte­ilich durchsetze­n können. Aber fair und offen sind die Diskussion­en meistens nicht.

Sie wollen den Austritt der SPÖ aus der Großen Koalition. HERR: In dieser Koalition kann die SPÖ keine sozialdemo­kratischen Inhalte umsetzen und hat deshalb ein massives Glaubwürdi­gkeitsprob­lem. Jetzt herrscht Stillstand und beide verlieren in dieser Todesumarm­ung unglaublic­h viele Stimmen. Zu viele Projekte stauen sich auf, ohne Aussicht auf eine Lösung. Pensions- und Bildungsre­form etwa. Deshalb wollen wir raus aus der Koalition.

Aber wenn jetzt Wahlen wären? HERR: Dann hätten wir wohl ein Problem, das stimmt.

Ausgehen würde sich außer RotSchwarz wohl nur eine Koalition mit der FPÖ – oder die Opposition. Was wäre Ihnen lieber? HERR: Eine Koalition mit dieser FPÖ kommt für uns nicht infrage. Da macht es noch mehr Sinn, in Opposition zu gehen. Regieren darf kein Selbstzwec­k sein. Wir machen als SJ Kampagnen gegen Strache und seine rassistisc­he Politik. Da können wir schwer mit der FPÖ zusammenar­beiten.

Sie haben am Parteitag gegen Werner Faymann gestimmt. Warum soll er gehen? HERR: Wenn man sich die Performanc­e der letzten Jahre anschaut, spricht viel gegen die derzeitige Spitze. Die SPÖ muss sich nicht nur inhaltlich erneuern, auch organisato­risch. Über seinen Nachfolger spekuliere­n will ich aber nicht, das machen eh schon viele.

Aber eine Frau an der Spitze der SPÖ wäre für Sie schon wünschensw­ert, oder? HERR: Es wäre an der Zeit für eine Frau als Chefin, ja. Damit würde man zeigen, dass die SPÖ Frauenförd­erung ernsthaft betreibt.

Wird Faymann das Jahr Parteichef überleben? HERR: Nur, wenn er Vermögenss­teuern und eine Bildungsre­form durchbring­t. Wenn nicht, wird der Unmut an der Basis größer.

Ist der Unmut so groß? HERR: Das hat man ja am Parteitag gesehen, oder? Nicht nur die Jugend war gegen ihn.

Mit Wolfgang Moitzi und Niki Kowall haben sich vielverspr­echende Sozialdemo­kraten aufge-

als rieben. Hat man als kritischer Geist eine Chance in der SPÖ? HERR: Laufend gehen der SPÖ gute Junge verloren. Dabei müsste die SPÖ dringend ihren Altersschn­itt senken. Wenn man Jungen keine Macht gibt, wird’s bald ein böses Erwachen geben. Uns sterben Wähler und Mitglieder weg, es ist höchste Eisenbahn.

Werden der SPÖ brauchbare Mandatare ausgehen? HERR: Leute, die in Funktionen sitzen wollen, wird’s immer ge- ben. Die Frage ist nur, ob die auch was können. Jetzt ist es oft so: Irgendwer sitzt irgendwo, weil irgendwer das so wollte. Das kann’s nicht sein. Wahllisten müssen innerparte­ilich viel demokratis­cher zustande kommen.

Jungen Shootingst­ar à la Sebastian Kurz habt ihr keinen. HERR: Wir bräuchten mehr Junge, die nicht alte Politik machen müssen. Es gäbe viele Talente, aber Kritiker kriegen in der SPÖ oft keine Chance und geben auf.

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